Zafon, Carlos Ruiz: Das Spiel des Engels
Autorin/Autor: Zafon, Carlos Ruiz
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Sündi
„Ein Schriftsteller vergisst nie, wann er zum ersten Mal für eine Geschichte ein paar Münzen oder Lob empfangen hat.“
Mit diesen Worten beginnt Carlos Ruiz Zafon, der neue Großmeister der modernen spanischen Literatur seinen Zweitling, „Das Spiel des Engels“. Nach dem Welterfolg „Der Schatten des Windes“ führt uns der Autor in seinem neuen Roman erneut zurück nach Barcelona an den Beginn des vorigen Jahrhunderts. Und wieder spielt das Schriftstellertum und die Literatur die unausgesprochene Hauptrolle in der Erzählung. Man trifft alte „Bekannte“ wie die Buchhändler Sempere und Barcelo, aber auch der „Friedhof der vergessenen Bücher“ ist wieder ein Schauplatz in der phasenweise sehr mysteriösen und verwirrenden Geschichte. Hedonistische Leseratte was willst du mehr!
Der junge David Martin fristet sein Leben als Autor von Schauergeschichten bei einem eher bescheidenen Blatt in den turbulenten Jahren vor dem Bürgerkrieg.
Als ernsthafter Schriftsteller verkannt, von einer tödlichen Krankheit bedroht und um die Liebe seines Lebens betrogen, scheinen sich seine großen Erwartungen an das Leben in nichts aufzulösen. Doch ein äußerst mysteriöser Verleger namens Andreas Corelli glaubt an Martins Talent. Er unterbreitet ihm ein sehr großzügiges Angebot. Er soll ein Buch für ihn schreiben, das die Grundlage einer neuen Religion darstellen soll. Für Martin Verheißung und Versuchung zugleich und er kann nicht widerstehen und nimmt an. David kann zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht erahnen in wessen Bann er geraten ist und noch weniger in welchen Strudel furchterregender Ereignisse er dadurch unweigerlich gezogen wird.
Zafon versteht es meisterhaft verschiedene Erzählstränge zu einem starken Tau zu verknüpfen und besticht wiederum durch seine atmosphärisch dichte Sprache, die vor Sarkasmus strotzt und einen Sog entwickelt, dem man sich nur sehr schwer entziehen kann. Wer sich einmal darin verfangen hat, egal ob Protagonist oder Leser, für den gibt es kein Entrinnen mehr. Gekonnt variiert er in dieser Mischung aus Liebes-, Grusel- und Fantasygeschichte das alte faustische Thema und es kommt ein bisschen die Erinnerung an „Doktor Faustus“ von Thomas Mann auf.
Je tiefer man in die Geschichte eintaucht, desto mysteriöser und surrealer wird der Handlungsverlauf und gipfelt im Finale in einem thrillerähnlichen Höhepunkt. So ganz kann Zafon seine Vergangenheit als Drehbuchautor halt auch nicht verleugnen. Das Ende lässt viel Raum für eigene Gedanken und ist daher nichts für sogenannte Happy Ender, die sich „und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“ erwarten.
Im Vergleich zum „Schatten des Windes“ empfand ich die Figuren, diesmal nicht ganz so präzise gezeichnet und der Spannungsbogen bricht manchmal auf den 711 Seiten, aber das ist für die Erholung des Rezipienten vielleicht gar nicht mal so schlecht. Trotzdem gehört es zum Besten, was die moderne europäische Literatur momentan zu bieten hat und man darf schon auf sein neues Werk gespannt sein.
Wenn Faust sagt: „Augenblick verweile doch, du bist so schön“ (das sagt er nur, wenn Mephisto ihm höchstes Glück beschert) gehört die Seele Mephisto.