Buchbesprechung/Rezension:

Marschner, Rosemarie: Das Bücherzimmer

verfasst am 05.08.2009 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Marschner, Rosemarie
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[Gesamt: 21 Durchschnitt: 3.3]

Die vierzehnjährige Marie ist ein uneheliches Kind, entsprungen einer Jugendliebe zwischen einer Bauerntochter und dem Sohn einer gehobenen bürgerlichen Familie. Natürlich undenkbar, dass dieses Paar jemals verheiratet sein könnte, das wurde von der angesehenen Familie verhindert. Marie ist sozusagen ein Bastard, und genau dies bekommt die Mutter immer wieder zu spüren. Aufgrund der Not der Zwischenkriegszeit schickt sie ihre Mutter schweren Herzens nach Linz, wo sie als Dienstmädchen arbeiten soll. Sie kann sich nur schwer aus dieser bäuerlichen Geborgenheit verabschieden, nimmt aber das Schicksal an und begibt sich in die Großstadt.

Sie bekommt eine Anstellung bei einer wohlhabenden Familie. Das Leben als Dienstmädchen ist von harter Arbeit und strengen Regeln geprägt. Diese feinen Leute sind arrogant und beuten ihre Dienstboten aus. Die Tochter, eine zickige Teenagerin, lässt auch ihre Wut an Marie aus. Die einzige Freude, die Marie neben der harten Arbeit bleibt, ist das sogenannte Bücherzimmer. Sie war schon immer eine gute Schülerin, ihr Lehrer hat sie sehr unterstützt. Täglich darf sie dem alten Herrn der gutsituierten Familie aus Büchern und Zeitungen vorlesen. So bekommt sie auch Einblick in die herrschende Politik. Zu Beginn ist der Alte noch eher verwundert über die Bildung des jungen Mädchens. Er ermöglicht ihr aber, dass sie sich in der Bücherei auch Bücher ausleihen kann. Auf diese Weise erweitert Marie ihre Bildung, denn sie ist intelligent und wissensdurstig.

Marie lernt Franz kennen, Sohn einer gutverdienenden Bäckerfamilie. Nach zähem Ringen mit den Eltern heiraten die beiden. Gerade die Mutter ist eine sehr geschäftstüchtige Person, sie arbeitet hart, verlangt das auch von ihren Angestellten und ihrer Familie. Sie hadert aber auch nicht, Juden anzuprangern, um ihren Reichtum zu vergrößern.

1938 wird Österreich durch Hitler annektiert. Die Nationalsozialisten ergreifen die Macht. In Linz wird ein riesiges Stahlwerk gebaut. Zizlau, so heißt die Landgemeinde, auf der dieses Stahlwerk entstehen soll, als wichtige Fabrik für die Erzeugung von Kriegsmaterial. Die Menschen werden enteignet und alle, die den neuen Herren im Weg stehen, beseitigt. Viele profitieren auch von Hitler, hat er doch Linz auserkoren, zur Führerhauptstadt auszubauen. Für die kritisch denkende, kluge Marie beginnt nun ein Überlebenskampf in einem Land, in dem das Leben immer gefährlicher wird. Auch die Familie, in die sie geheiratet hat, liebt sie nicht. Ihr Vater, ein bekannter Anwalt, bleibt stets im Hintergrund. Doch als sie aufgrund kritischer Worte gegen das Regime verhaftet wird, hält er unbekannterweise die Hand schützend über die Tochter.

Die Autorin vermittelt in ihrem Roman sowohl die weibliche Emanzipation (die für die Zeit um den Zweiten Weltkrieg nur sehr marginal erscheinen mag) als auch die historischen Hintergründe der damaligen Zeit sehr authentisch. Besonderes bemerkenswert ist die Recherche über das Leben in Linz während dieser dunklen Epoche der österreichischen Geschichte. Ein sehr empfehlenswertes Buch!




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