Buchbesprechung/Rezension:

Malla Nunn: Lass die Toten ruhen

verfasst am 28.04.2011 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Nunn, Malla
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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 5]

Sein letzter Auftrag hat Emmanuel Cooper seinen Job bei der Polizei gekostet, dieser kann sein Leben kosten.  Vor acht Monaten verlor er seinen Job, weil er sich mit dem Geheimdienst anlegte  und das bedeutete auch gleichzeitig den Verlust seiner Einstufung als Weißer. Im Südafrika des Jahres 1953 heisst das, dass ihm der Weg zurück in sein altes Leben wohl für immer versperrt ist.

In Durban sind es gelegentliche verdeckte Ermitttlungen, die er für seinen ehemaligen Chef bei der Polizei ausführt und daneben ein richtiger Knochenjob in der Werft mit denen er sich nun über Wasser hält – Cooper kann es sich nicht aussuchen, als „Gemischtrassiger“ ist er ein Mensch zweiter Klassse und viel öfter als ihm lieb ist, auf das Wohlwollen anderer angewiesen und muss sich immer wieder widerspruchlos die Erniedrigungen durch die Weißen Herrenmenschen gefallen lassen.

Malla Nunn taucht, wie schon in „Ein schöner Ort zu sterben“ ganz tief in die unwirkliche Welt des alltäglichen Rassismus im Südafrika der Rassentrennung ein. Emmanuel Cooper lebt in einer Zeit, in der Menschen nach Rassen eingeteilt werden, in der es rassenabhängige Hierarchien gibt und in der über allen anderen die Weißen stehen.

Auf den ersten rund 100 Seiten hatte ich etwas Mühe der Geschichte zu folgen, zu unmotiviert passierte etwas, tauchten Personen auf und verschwanden wieder. Was hat es mit dem toten Jungen für eine Bewandnis, warum ist Cooper so daran interessiert, dieses Verbrechen aufzuklären? Es scheint eine Art Einleitung für das  zu sein, was danach folgt: Cooper findet seine Vermieterin und der Dienstmädchen ermordet auf und genau in diesem Moment findet die Polizei ihn, mit einem Messer in der Hand, über das tote Mädchen gebeugt.

Es sieht nicht gut aus für Cooper, denn die Polizei beschuldigt ihn, die beiden Frauen umgebracht zu haben. Und das ist nicht alles, denn Cooper hatte auch noch das Notizbuch des toten Jungen bei sich und ist damit automatisch auch der Hauptverdächtige bei diesem ersten Mord.  Sein ehemaliger Boss scheint der nun einzige zu sein, der an Coopers Unschuld glaubt. Um das zu beweisen, bekommt Cooper eine Galgenfrist – 2 Tage Zeit um den wahren Täter zu finden, schafft er es nicht, dann wandert er selbst für die Morde hinter Gitter.

Jetzt bekommt alles langsam einen Sinn, jetzt finden die losen Fäden zueinander. Cooper erhält für die Zeit der Ermittlung seinen Polizeiausweis, seinen alten Rang und seine Einstufung als Weißer zurück und heftet sich auf die Spur des toten Jungen – denn wenn er dessen Mörder findet, dann hat er auch den Mörder der zwei Frauen gefunden.

Die Story bekommt immer mehr Hand und Fuß, obwohl mir auch im weiteren Verlauf der Geschichte das sprunghafte Hin und Her manchmal den Überblick raubte. Doch trotz der vielen Wendungen wurde es beim Lesen immer spannender und rasanter und die Atmosphäre immer dichter und eindringlicher. Cooper beginnt dabei langsam die Zeit auszugehen, viel versprechende Spuren erweisen sich als Sackgassen, neue Hinweise sind nicht zu finden und seine 48 Stunden-Galgenfrist schmilzt dahin – und während er versucht, den Mörder zu finden, wird er selbst von Unbekannten verfolgt.

Doch dann naht unverhofft Hilfe: alte Freunde aus Jacobs Rest stehen ihm zur Seite und eine junge Frau zeigt immer wieder überraschende Fähigkeiten.

Es könnte auch ein Endzeit-Science-Fictionroman sein, so unwirklich erscheint diese Welt zum Teil, die aber doch genau so viele Jahrzehnte lang auf unserem Planeten existierte. Sitzbänke, Strände, Lokale nur für Weiße, kein sozialer Kontakt zwischen Weißen und Farbigen, der schwarze Verkäufer am Strand wird schon von den weißen Kindern als „Boy“ abfällig und herablassend behandelt. So viele Filme und Dokumentation kann man nicht gesehen, so viele Bücher nicht gelesen haben um nicht immer wieder von neuem abgestoßen und entsetzt zu sein.

Malla Nunn schafft es – bleibt die Frage, ob das in diesem Fall überhaupt als positiv bezeichnet werden kann – diese unwirklich erscheinende Welt ganz real wieder erstehen zu lassen. Abgesehen von der erfundenen Handlung rund um Emmanuel Cooper sind ihre Bücher damit auch ein bleibendes Mahnmal über die Verwirrungen und die Verirrungen der Menschen und der Menschheit und über die Verbrechen an der Menschlichkeit. (Aber davon gab es im 20. Jahrhundert ja eine ganze Menge).

Das zweite Buch von Malla Nunn, das ich gelesen habe und das zweite, das mich wirklich in seinen Bann gezogen hat. Toll!

PS: um alles nachvollziehen zu können ist es hilfreich, zuerst „Ein schöner Ort zu sterben“ zu lesen




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