Buchbesprechung/Rezension:

Wiegele, Susanne : Fetzer und die Ordnung der Dinge

verfasst am 02.08.2011 | 6 Kommentare

Autorin/Autor: Wiegele, Susanne
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
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[Gesamt: 11 Durchschnitt: 2.1]

Vorausgeschickt sei hier an dieser Stelle, dass mir die Verlagschefin das Buch überreichte und diese auf meine Worte, dass ich es womöglich im Literatur-Blog besprechen würde, meinte, auch eine negative Kritik  sei ihr willkommen. Nach ein paar Seiten wurde mir klar, was sie gemeint haben könnte: denn die Figur des mit diesem Debut eingeführten Ermittlers, Franz Fetzer, ist alles andere als ein Sympathieträger.

Er ist rassistisch, krankhaft pedantisch (daher der Titel) und auch ein Denunziant, folglich das Gegenteil der üblichen, politisch korrekten Kommissare, Inspektoren und Polizeioffiziere, die bestenfalls einen belächelten Tick aufweisen, von einem durch und durch stinknormalen Brunetti einmal ganz abgesehen. Das ist natürlich interessant. Aber man fragt sich schon nach ein paar Seiten, ob man die nächsten Stunden mit einer Figur verbringen möchte, die Zitate von sich gibt, die unter anderen Umständen ein Verfahren wegen Wiederbetätigung nach sich zögen. Beispiele gefällig?

„Lichtblau, du jüdische Missgeburt…“ (S. 6); „Lichtblau, weil du eine minderwertige Rasse  bist, kapierst du das nicht.“ (S.8); Tschuschenamöben steht für niedere Chargen des Wachkörpers mit migrantischem Hintergrund; und so weiter.

Fetzer ordnet die Stifte seines Schreibtisches, er richtet die Henkel seiner Kaffeetassen exakt auf 45 Grad aus, füttert in regelmäßigen Abständen seinen Kater und scheint neben diesen deftigen Kraftausdrücken sonst durchaus gebildet zu sein.

Neben besagter Lichtblau gibt es noch den Computerspezialisten Navratil, den er von seinem Entzug in Kalksburg wieder in den Dienst stellt, sowie den verhassten Vorgesetzten Oprieschnig, für den er auch nur Kraftausdrücke kennt. Und der Spitz,  der ist halt ein Trottel.

Und einen Fall gibt es auch, ja sogar mit bald zwei Leichen und einer Menge Rätseln. Das erste Opfer ist männlich und wird mit roten Pumps und rot lackiertem Penis (wird im Original natürlich nur als Schwanz tituliert) aufgefunden. Im After steckt eine Botschaft, und zwar  eine Zeile eines mittelalterlichen Gedichts in lateinischer Sprache. Die nächste Leiche ist eine Kommunikationstrainerin,  zudem in einer rechtspopulistischen Partei aktiv. Auch hier eine Botschaft. Fetzer beginnt im Milieu zu ermitteln. Dabei hilft ihm, dass er selbst die Dienste einer käuflichen Dame in Anspruch nimmt und diese Klientel auch in seinem Stammcafé zu finden ist.  Die Spur führt in die  Sex-Szene, die sich an sogenannten „Cuckolds“ aufgeilt. Es handelt sich um Pärchen, die einen Liebhaber für die Frau suchen,  um diese sexuell zu beglücken, während der Ehemann zusieht. Am Ende gibt es, nachdem auch noch eine dritte Leiche aus der Donau gefischt wird, sogar eine Lösung, aber irgendwie bleibt bei dem ganzen xenophoben Geschimpfe der Fall auf der Strecke.

Dennoch muss ich gestehen, dass ich das Buch sehr schnell gelesen habe und auch tatsächlich in der Welt des Fetzer ein wenig gefangen war (keine Sorge ich habe mir kein Parteibuch der NSÖAP … besorgt).

Was das Buch wirklich auszeichnet, ist neben der Aufbereitung des Fetzerschen Mikrokosmos, dem Naschmarkt, die Erzähltechnik. Das Buch kommt über die meisten Passagen ohne Dialoge aus, und das fand ich originell und auch handwerklich sehr gelungen. Hier ist eine Abwechslung zur gerade im Krimigenre weit verbreiteten drehbuchhaften Darbietung gelungen. Das rechtfertigt schon einmal die drei Punkte.

Ansonsten gilt zur Hauptfigur ein Zitat aus der Pension Schöller: „Mit dem bin ich nicht gern allein!“




6 Kommentare

  • tarantel sagt:

    ist das der franz fetzer der an der talschule aalen tätig ist? :D

  • Franz Schnöller sagt:

    Sg Fr Wiegele !
    Endlich schreibt jemand so wie es wirklich zugeht. Eine einmalige Lektüre, die ich nur jeden (scheinheiligen) Wiener empfehlen kann. Gratuliere zum Mut zu dieser Schreibkunst. Freue mich auf einen weiteren Roman. Es fällt mir dazu nur ein, um mit den Worten King Lears zu reden, „Es ist eine Krankheit der Zeit, dass Verrückte Blinde führen“.
    Weiter so, mfGr FS

  • Annette sagt:

    Manche Bücher liest man schnell, weil man die kranke Umgebung möglichst rasch wieder verlassen will. Für mich war dies hier der Fall. Daher die Empfehlung statt einen möglichen nächsten Teil zu lesen, doch lieber auf den Naschmarkt zu gehen.
    Mit einem anderen Buch.

  • Susanne Wiegele sagt:

    …mach ich, mach ich, aber Sie wissen ja, wie Fetzer ist, mal redet er mit mir, mal nicht. Das mit den Hemden findet er sicher höchst anständig von Ihnen, und er wird inständig hoffen, dass Sie diese auch nach Farben sortieren.
    Momentan ist er jedenfalls außer sich, weil die Elvira nicht mehr arbeitet….ich suche gerade Ersatz für sie und bin dementsprechend im Stress..

  • Klinger C. sagt:

    Sehr geehrte Frau Wiegele!

    Lassen Sie mir Ihren Fetzer grüßen und teilen Sie ihm bitte mit, dass ich das zur Kennntnis genommen habe. Ich hätte mich gern mit ihm darüber unterhalten, bin aber zu beschäftigt, weil ich meine Hemden zusammenlegen muss. Und dabei dulde ich keine Abweichung der Kante von mehr als einem Millimeter!

  • Susanne Wiegele sagt:

    Sehr geehrter Rezensent,

    der Fetzer in meinem Kopf legt Wert auf die Feststellung, dass er, wenn schon, Alle und Alles hasst, inklusive sich selbst (dies sage aber nur ich, so reflektiert ist er auch wieder nicht). Vor allem aber sagt er: „Faschismus ist die Religion des Subproletariats“.
    Als klassischer Borderliner mit mehreren Komorbiditäten hat eine Geschichte – auf die sie im zweiten Band durchaus gespannt sein dürfen!
    …Großartig ist ihr letzter Satz! Nein, ich bin mit ihm auch nicht gern allein ;-) (Und er mit sich selbst auch nicht, wie ich vermute, aber darüber spricht er nicht….)

    Herzliche Grüße
    Susanne Wiegele

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