Buchbesprechung/Rezension:

Edith Kneifl: Der Tod fährt Riesenrad
Ein historischer Wien-Krimi

verfasst am 30.05.2012 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Kneifl, Edith
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[Gesamt: 3 Durchschnitt: 3.7]

Wien um 1900. Sowohl in der österreichischen politischen Geschichte wie im Gesellschaftsleben herrscht Aufbruchsstimmung. In Wien wird in großem Stil gebaut, das Geld der Reichen in gewaltige Bauten investiert und die feierliche Eröffnung des Riesenrades steht bevor.

Gustav von Karoly, Studienabbrecher, Frauenheld und Privatdetektiv, wird von Margarete von Leiden beauftragt, ihre verschwundene Tochter Leonie zu finden. Kein leichtes Unterfangen, denn das Mädchen ist schon einmal von zuhause ausgerissen. Leonies Großvater, Herr von Schwabenau, verdient sein Geld mit Stahl für Waffen und technische Apparaturen. So stellt sich bald die Frage nach einer Entführung samt Lösegeldforderung. Gustav begibt sich in den Prater um seine Recherchen aufzunehmen.

Gustav hat den Auftrag nicht nur wegen des großen Geldbetrages, der ihm für das Auffinden von Leonie in Aussicht gestellt wurde, angenommen. Auch die weiblichen Reize der schönen Margarete lassen ihn nicht unberührt.

Auf der Suche nach dem Mädchen verbringt Gustav viel Zeit im Prater, dies war ein bevorzugter Ort Leonies, hier hatte sie Freunde und hier konnte sie auch ihre Liebe zu den Pferden ausleben.

Am Tag der Eröffnung des Riesenrades wird in einer Gondel ein kleiner, toter Mann namens Napoleon entdeckt. Er soll – wie viele andere sich im Prater befindenden Zigeuner, Künstler und Zirkusakrobaten – ein Freund der pferdenärrischen Leonie gewesen sein. Hat der Mord an Napoleon mit dem Verschwinden von Leonie zu tun?

Gustav strengt sich mächtig in seinen Ermittlungen an und bekommt Unterstützung von seinem Freund, dem Polizeibeamten Rudi Kasper. Plötzlich findet sich in der Donau eine weitere Leiche. Die Kunstreiterin Angelina wurde erschlagen und in die Donau geworfen. Leonie wurde noch vor ein paar Tagen bei ihr im Prater beim Reitunterricht gesehen. Es dauert keinen Tag, und es gilt, den Mörder eines neuerlichen Toten zu finden.

Gustav von Karoly schnüffelt was das Zeug hält und bewegt sich quasi zwischen zwei Welten – dem Hochadel und dem „normalen“ Volk. Was ihn allerdings irritiert ist die Ignoranz des Herrn von Schwabenau, dem Großvater des fünfzehnjährigen Mädchens. Dieser Kapitalist, Millionär, Ausbeuter und Halsabschneider scheint die Aufklärung des Verschwindens seiner Enkelin ständig zu untergraben.

Bald zieht sich aber die Schlinge um die Verdächtigen enger und Schlag auf Schlag wird in einem gewaltigen Showdown Leonie gefunden und die Morde aufgeklärt.

Eine tolle Geschichte, wobei es in dem Kriminalroman an Spannung fehlt. Besonders lesenswert ist dieses Buch für mich deshalb, weil es die LeserInnen eintauchen lässt in eine Zeit, in der sich Wien zur Kaiserzeit in eine Stadt der Avantgarde entwickelt mit einem Gegenpart, der Armut und den Obdachlosen in den Donauauen, den Schaustellern im Prater mit ihrer zur-Schau-Stellung Kleinwüchsiger und behinderter Menschen. In dieser Epoche erfährt die Emanzipation der Frauen einen Aufschwung. Neben der Modernisierung strömen viele Menschen nach Wien, was zu einer großen Wohnungsnot führt, begleitet von einer rapiden Teuerung und einer explosionsartigen Arbeitslosigkeit. Diese Zustände schüren Fremdenhass, bringen Nationalitätsprobleme und einen ersten Sieg für die Deutschnationalen. 

Neben dieser Beschreibung der österreichischen Geschichte zur Zeiten der Kaiserin Sissi sind die Charaktere der gegensätzlichen Protagonisten anschaulich beschrieben, sodass es leicht fällt, sich in die Atmosphäre Wiens samt Kaffeehauskultur einzutauchen.

Und dass der „Silberwirt“ früher „Zum Schwaren Elephanten“ geheißen haben könnte, find ich auch witzig :o)




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