Buchbesprechung/Rezension:

Kirstin Breitenfellner: Bevor die Welt unterging

Bevor die Welt unterging
verfasst am 24.09.2017 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Breitenfellner, Kirstin
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Ein Buch, das ich wahrscheinlich nie gelesen hätte. wäre nicht vom Verlag eine Information dazu gekommen. Ja, die 1980er-Jahren waren zwar auch für mich das Jahrzehnt, in dem sich alles für die folgende Zeit prägte, aber „einen Roman über das Erwachsenwerden“ hatte ich bislang noch nie auf meiner Noch-zu-lesen-Liste. Aber oft kommt es eben so, dass man einen Stupser braucht, um ein neues Thema anzunehmen. So wie hier.

Zuerst: „Bevor die Welt unterging“ ist ein wenig auch ein Roman in der Reihe der 80er-Revival-Publikationen, die in Form von Dokumentationen, Sachbüchern oder Hitlisten allzeit präsent sind. Die alle verursachen bei immer immer Gefühle zwischen Nostalgie – wenn ich mich an eine Nachricht, ein Ereignis, ein Produkt, ein Lied erinnern kann, als wäre es gestern gewesen – und Verwunderung – wenn ich trotz 10jährigem Aufenthalt in den 1980ern von einer Sache aus diesem Jahrzehnt noch nie gehört habe.

Aber eben nur „auch“. Denn das zentrale Thema ist das Aufwachsen in diesem Jahrzehnt, das enorm viele Neuerungen brachte, von deren Nachwirkungen wir noch geprägt sind und das die scheinbar ewige Ordnung, die nach dem 2. Weltkrieg die Welt in Blöcke teilte, zu Fall brachte.

Judith, um ihr Erwachsenwerden dreht sich dieser Roman, ist mir altermäßig zwar ein paar Jahre nach, aber auch nicht so viel, dass ich mit ihr nicht eine ganze Reihe von Eindrücken gemeinsam hätte. Abgesehen von den speziell weiblichen Eindrücken, die bei mir naturgemäß nicht ankommen konnten.

Aber viele ihrer Gedanken kann ich nachvollziehen, an einige davon kann ich mich selbst noch gut erinnern, einige kenne ich, hatte aber dazu genau die entgegen gesetzten Positionen. 

Daraus ergibt sich das, was diesen Roman so spannend macht. Denn zu diesem oder jenem Erleben von Judith sehe ich Gesichter aus meiner eigenen Vergangenheit. Gesichter von Menschen, die genau das selbst erlebten, die sich selbst so verhielten. Jetzt fällt mir auf, dass ich niemanden mehr von damals kenne, die Kontakte sind schon vor Jahrzehnten verloren gegangen; dabei wäre es wohl interessant zu sehen, was aus denen geworden ist, deren Gesichter mir jetzt beim Lesen wieder einfallen.

Was mir ebenso gar nicht fremd ist, das ist diese absolute Sicherheit, mit der Judith und die anderen aus ihrer „Clique“ (ein Word, das ich seit Jahrzehnten nicht mehr verwendet habe) ihre Meinungen und Ansichten über die Welt, die Menschen und die Zukunft finden und vertreten. In späteren Lebenjahren wissen dann alle, dass sie (wir, ich) sich im Eifer von Heranwachsenden an nur einzelne Ausschnitte der Realität geklammert hatten und nur glaubten daraus allgemeine Erkenntnisse gewonnen zu haben. Diejenigen Erkenntnisse, in denen die Eltern (und andere ihrer Generation) meistens verbohrt und uneinsichtig, man selbst aber im Besitz der wirklichen Antworten war. Ja, das war noch Idealismus :-).

Oft steht folgerichtig im Buch auch gleich die Relativierung: wenn Kirstin Breitenfellner schreibt, was Judith (sie selbst?) damals dachte und wie sie die selben Dinge aus heutiger Sicht betrachtet.

Judiths Gedanken und Pläne werden ergänzt um wichtige Ereignisse des Jahrzehnts. Bei vielen dieser Ereignisse weiß ich sogar heute noch, was ich zu dieser Zeit tat, wo ich war. Der Falkland Krieg, der Film „The Day After“, Reagan und Gorbatschov, Glasnost und Perestrojka, …

Ein Roman, der Erinnerungen an frühere Zeiten zurück bringt und der mich beim Lesen mehrmals in Gedanken an Ereignisse, die mir damals wichtig waren, abschweifen lässt.




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