Buchbesprechung/Rezension:

Yoko Ogawa: Das Museum der Stille

Das Museum der Stille
verfasst am 17.05.2024 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Ogawa, Yoko
Genre:
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In japanischen Romanen wird viel und oft mit dem Zug gefahren. So beginnt auch diese Geschichte auf einem Bahnhof. Der Kurator, ein junger Mann, kommt in dem Ort an, an dem er ein Museum gänzlich neu errichten soll. Weder weiß er, wer die Auftraggeberin ist, noch weiß er, welche Art von Museum es sein soll.

Am Bahnhof erwartet ihn das Mädchen, wie sich herausstellt, ist es die Adoptivtochter der Auftraggeberin, um ihn an den Ort seines Wirkens zu bringen. Er kommt zu einer alten Villa, schon diese könnte ein Museum sein und wird von einer mürrischen alten Dame mit Beschimpfungen empfangen. Von dem Mädchen erfährt er, dass die oft sehr unflätige Art ihrer Mutter schon viele seiner Vorgänger als Kuratoren vertrieben hat, niemand hatte es bislang so lange ausgehalten, um mit der Arbeit am Museum zu beginnen. Doch worum es sich handelt, was ausgestellt werden soll, das bleibt noch lange unbekannt, denn die alte Dame ist nicht bereit, ihn schon einzuweihen. Bis sie ihm, der schon dabei ist, wie seine Vorgänger, abzureisen, endlich ihr Vorhaben enthüllt.

Alles auf der Welt ist vergänglich, jedenfalls so weit es die Menschen betrifft. Nur einen winzig kleinen Teil davon behalten wir durch Forschungen, aus eigenen Erinnerungen oder aus Büchern in Erinnerung, alles andere verschwindet im Dunkel des Vergessens. In das Museum gelangen nur besondere Stücke. Dinge, die man achtlos übersieht, niemand würde sie behalten und doch erzählen sie eine wichtige Geschichte aus dem Leben der Verstorbenen. Eine, die mehr aussagt als ein gewöhnlicher Nachruf.

Die Auftraggeberin ist schon zu alt, um noch selbst neue Exponate zu beschaffen. Diese Aufgabe übernimmt jetzt der Kurator, manchmal unterstützt von der Adoptivtochter der alten Dame. Um es genau zu sagen, bekommen die beiden bei jedem weiteren Begräbnis im Ort den Auftrag, ein Teil zu stehlen, der für das Leben des verstorbenen Menschen steht.

Der erste Auftrag, nach dem Tod eines Chirurgen, der 109 Jahre alt wurde, ist dessen Skalpell zu stehlen, mit dem er illegale Ohrenoperationen durchgeführt hatte (Warum illegal, das wird man nachlesen). Genau solche Exponate, versehen mit den passenden Erklärungen, soll ihren Platz im Museum finden. Rasch entwickelt er aber seine eigene Leidenschaft, Objekte aus dem Besitz von Verstorbenen zu entwenden.

Wenn in dieses Museum der Stille nur Erinnerungsstücke von Verstorbenen aus dem Ort übernommen werden, dann ist eines von essenzieller Bedeutung, dass es nämlich regelmäßig zu Todesfällen kommt, um dem Museum neue Exponate zuführen zu können.

Hat es also eine Bedeutung, dass mit einem Mal Menschen durch Gewaltverbrechen sterben, etwas, das zuvor 50 Jahre lang nicht vorgekommen war. Gibt es einen Zusammenhang?

Nach wenigen Kapitel macht es sich bemerkbar, wird immer stärker. Es ist das Gefühl, dass etwas an der ganzen Geschichte nicht stimmt, nicht stimmen kann. Der Kurator, der Ich-Erzähler, scheint sich in einer Umgebung wiedergefunden zu haben, in der Außenstehende nur schwer verstehen, was vorgeht. Die alte Dame, die ihren Zorn und ihre Verachtung anderen gegenüber nicht verbirgt. Das junge Mädchen, das für sein geringes Alter manchmal viel zu gereift und dann wieder zu verletzlich wirkt. Der Gärtner, der Meister im Messerschleifen. Der Novize des Schweigeklosters, der langsam verstummt. Im Übrigen bleiben alle Protagonisten namenlos.

Obwohl Yoko Ogawa alles so nüchtern erzählt, bleibt es nicht aus, dass man ein Gefühl für die Welt und die Atmosphäre des Ortes entwickelt.

Weil sich die Erzählung wie ein ruhig dahinfließendes Gewässer entwickelt, das nur gelegentlich durch kleine Wirbel umgeleitet wird, merkt man kaum, wie sich eine höhere Welle nähert. Quasi wie die Welle, die dem Fluss entgegenläuft. Und, um bei dem Bild des Wassers zu bleiben: mit jeder Seite tauche ich tiefer in die Geschichte ein und kann mir anhand der so anschaulichen und detailreichen Beschreibungen die Gebäude, die Räume, die Menschen schon bildlich vorzustellen.

Was aber stimmt denn nun nicht in dem ganzen Szenario? Der Antwort auf diese Frage nähert sich der Roman in einer ein wenig an einen Krimi angelehnten Weise.

Hin und wieder hat die Erzählung überlange, langatmige Abschnitte, die ich dann querlese, ohne dabei etwas zu vermissen. Das ist auch der Grund, warum es für mich nicht Maximalbewertung mit 5 Sternen reicht.




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