Buchbesprechung/Rezension:

Michaela Namuth: Mein Italien mit Berlusconi
Und was daraus geworden ist

Mein Italien mit Berlusconi
verfasst am 25.10.2024 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Namuth, Michaela
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
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Der Journalistin Michaela Namuth gelingt es in diesem Buch, Zeitgeschichte überaus anschaulich darzustellen. Das erreicht sie mit einer Mischung aus ihren persönlichen Erinnerungen und veröffentlichten Artikeln aus den 20 Jahren, die sie in Italien lebte und arbeitete.

Auch wenn der Name Berlusconi auf dem Cover steht, so ist doch ganz Italien drinnen. Der Unternehmer und Selbstdarsteller Berlusconi war nicht nur mehrfacher Ministerpräsident des Landes, sondern auch ein Symptom für die Verhältnisse im Land. Und er war auch ein früher Vertreter jener „Politiker“, die versuchen, für persönliche Zwecke Einfluss auf die Rechtssprechung und Administration Einfluss zu nehmen. Ob Berlusconi damals oder Leute wie Trump und Orban heute: wie alle Rechtspopulisten kommt zuerst das Ego und dann das Wohl des Landes  (warum das dennoch so viele Leute nicht davon abhält, solchen Leute die Stimme zu geben, werde ich nie verstehen)

Es sind nicht nur Artikel über Berlusconi oder staatspolitische Angelegenheiten. Viel mehr ist über das „Hinterland“ Italiens zu lesen. Michaela Namuth sah mit ihren Reportagen und Interviews dorthin, worüber man aus den Medien in anderen Ländern wenig bis gar nichts erfährt.

Die Bürgermeisterin in einem Dorf aus Sizilien, die unglaublich mutig der Mafia die Stirn bietet. Berlusconis Nazi-Sager im EU-Parlament. Wie Versuche, die abgelegenen und armen Gegenden des Landes mit Eigeninitiative zu beleben, scheitern mussten. Der Gegensatz zwischen Katholizismus und dem realen Leben. Nur ein paar der Themen, über in den 20 Jahres-Kapitel nachzulesen ist.

Eine Story aus jedem Jahr, das sie in Italien lebte, hat Namuth ausgewählt, um damit eine bedeutsame oder zeittypische Episode aus dem Archiv zu holen. Als Vorwort zu einer Story beschreibt sie die damaligen Verhältnisse und oft auch das, was sich später daraus entwickelt hat.

Themen wie Mafia, Korruption und die Machtfülle einer kleinen Gruppe von reichen Privatleuten halten sich durch die Jahre und sind somit direkt oder indirekt ein wiederkehrender Inhalt ihrer Reportagen.

Diese Reportagen zeigen auch, wie sehr sich die Gesellschaft und Politik Italiens von den Verhältnissen bei uns unterscheiden. Es sind wenige reiche Familien – wie Ferrero, Olivetti, Benetton, Agnelli, Armani -, die sich über den Besitz von Industrien und zunehmend von Medienunternehmen unangreifbar machten. Durch die richtigen Verbindungen kann man Finanzlöcher mit staatlichen Zuschüssen auffüllen und falls es doch einmal zu einer Anklage kommt, wird es die Justiz richten. Berlusconi ging einen Schritt weiter und schaffte es, mit Polemik und Falschinformation, direkt verbreitet durch seine eigenen Medien, in eine Position zu gelangen, in der er sich quasi selbst Gesetze schreiben konnte, die ihn vor Strafverfolgung schützten.

Auf diese Weise erklomm Bunga-Bunga-Silvio so etwas wie den Olymp der Korruption. Es konnte nicht ausbleiben, dass das in der Bevölkerung des Landes zu immer tieferen Gegensätzen führte.

Genau darüber liest man in Namuths Buch – Die Zusammenstellung aus ursprünglichen Artikel und ergänzenden Hintergründen über deren Entstehung und Weiterentwicklung liefert in der Gesamtheit eine eindrückliche und anschaulichen Beschreibung unseres Nachbarlandes.

Eine Charakterisierung Italiens, die das Land aus einer ungewohnten Perspektive betrachtet. Berlusconis Politikkarriere ist ein Paradebeispiel dafür, wie jemand Machtfülle anhäufen und missbrauchen kann und wie es viel zu viele Menschen gibt, die solchen Blendern wie die Lemminge nachlaufen.

Eine interessante und spannende Reise durch zwei Jahrzehnte in der Geschichte Italiens.




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