Klinger, Christian: Tote Augen lügen nicht
Autorin/Autor: Klinger, Christian
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Alfons Seidenbast war früher Chefinspektor bei der Wiener Polizei. Seine Arbeit als Polizist endete abrupt, nachdem er nicht widerstehen konnte und sich mit der sichergestellten Beute absetzte. Jahre später zieht es ihn wieder in seine Heimatstadt zurück, mit dem festen Vorsatz sich für seine Tat zu verantworten und den Behörden zu stellen
Acht Jahr zuvor war es Seidenbast nicht gelungen, eine Reihe von Mordfällen zu klären, die sich im Dunstkreis von Stadtpolitik und Baufirmen ereignet hatten. Zuerst wurde eine eingemauerte Leiche in einer gerade neu bezogenen Wohnung gefunden, dann zog man einen mit einer Leiche und viel Zement beladenen Lieferwagen aus der Donau.
Die Spur führte Seidenbast zur Baufirma des Baumeisters Lackner, der seine Kontakte zu einem Stadtpolitiker geschickt nutzen konnte um die Konkurrenz auszustechen und zu einem ganz Großen der Branche zu werden.
Die Ermittlungen mussten im Sand verlaufen, denn Seidenbasts Vorgesetzter stand dem weiteren Erfolg im Wege, indem er weitere Untersuchungen gegen die beiden Männer unterband und Seidenbast vom Fall abzog.
Ein neuer Fall war es dann, der den Chefinspektor in Versuchung und zu seiner Flucht nach Mittelamerika führte. Mit der Beute hatte er dort gut gewirtschaftet und ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Doch die Erinnerungen verfolgen in bis in die Gegenwart: die Erinnerung an den ungelösten Fall und die Erinnerung an sein eigenes Fehlverhalten und alles das, was er danach tat um unentdeckt zu bleiben.
Mit genügend Geld in der Tasche und einem Plan im Kopf macht Seidenbast sich auf nach Wien.
Das Buch hat zwar nur 248 Seiten, aber es hat mehr als drei Wochen gedauert, es zu lesen. Warum ? Nun ja ..
… die ersten 150 Seiten sind überaus anstrengend zu lesen. Es ist eine sehr ungewohnte Sprache, die (nehme ich an) aus der Absicht entsteht durch geschriebenen Dialekt eine Art von Wiener Flair einzubringen. Das geht erst einmal in die Hose. Es kommt nämlich kein Flair zustande sondern nur eine äußerst holprige Ausdrucksweise. Mit (zu) viel Detailbeschreibung der Gefühls- und Gedankenwelt von Seidenbast und anderen geht zwischendurch der Faden der Geschichte verloren. Ich hab ja nichts gegen die Charakterisierung der handelnden Personen, aber so viel muss es auch wieder nicht sein.
Aber: das Buch kam mit der Post, das ist die Verpflichtung, es auch zu Ende zu lesen.
Im letzten Drittel zahlt sich das Weiterlesen dann aus. Die Geschichte gewinnt zunehmend an Schwung, wird leichter lesbar (wobei ich nicht sagen kann, ob das aus der Gewöhnung an den Stil geschieht, oder weil sich der Stil geändert hat) und spannend(er).
Zur Geschichte selbst: die wirkt derart realitätsfern, daß sich mir öfters die Frage stellte, ob das vielleicht doch eine wahre Geschichte ist? Und was wurde aus Nora?
Liebe litteratur Bloger
könntets ihr mir vlt eine Charakteristik zu diesem buch sagen mit der wichtigsten person im buch ? Eine genaue und ausführliche Charakteristik.
m.f.g Yasin
Hallo Sündi!
Vielen lieben dank für deine netten Worte. Die gingen runter wie öl!
Liebe Grüße Christian
Nachdem ich am Anfang dieser Kommentarstrecke ausschließlich der Lust an der Polemik gefrönt habe, möchte ich jetzt auf den Boden der subjektiven Ernsthaftigkeit zurückkehren, sprich nun habe ich „Tote Augen lügen nicht“ auch gelesen.
Wie Andreas bereits prophezeite, „wird es im Kreis der Literaturblog-Autorinnen herumgereicht, damit die auch noch Ihre Meinung dazu abgeben können.“ und siehe da, auch bei mir ist es eingetroffen.
Allerdings um der Wahrheit Genüge zu tun, muss ich festhalten, dass ich es mir selbst abgeholt habe. Es gilt die Unschuldsvermutung!
Im Gegensatz zur „Blog-Leseratte“ Andreas benötigte ich keine 3 Wochen, sondern nur 3 Tage, um das Buch zu lesen und fand es mitnichten mühsam mich durch die ersten 150 Seiten zu „kämpfen“, obwohl die Thematik Korruption per se eine eher spröde Materie darstellt.
Auch die Zeitsprünge wie von Christian Klinger befürchtet, beeinflussen die Lesbarkeit des Buches nicht, im Gegenteil, sie lockern es auf.
Der Spannungsbogen spannt sich gegen Ende der Geschichte unaufhörlich und auch der Humor kommt nicht zu kurz – „Hab i di, du bleder Taliban.“
Der kauzige Alfons Seidenbast ist ein Original, erinnert mich in Ansätzen an den legendären Kurt Wallander von Henning Mankell.
„Tote Augen lügen nicht“, aber auch noch lebende scheinen es nicht zu tun, wie man/frau an den Auftritten eines ehemaligen Finanzministers („alles supersauber“) mittels treuherzigem Augenaufschlag unschwer erkennen kann.
Ein Buch, das zu unserer Zeit passt, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge!
Wurden früher Recht und Gesetz mehr oder minder noch ernst genommen, befinden wir uns gegenwärtig im Zeitalter der Unschuldsvermutung – für mich übrigens Topfavorit für das Wort des Jahres!
Auch blühte in der Vergangenheit die Korruption oft im Verborgenen, doch heute umspannt sie ein gesamtes Bundesland ähnlich dem Himmelszelt über dem kleinen Kärnten, ohne dass dies jemanden großartig stören würde. Alle Funktionsträger noch in Amt und Würden, abgesehen vom schnellsten Landeshauptmann aller Zeiten, kurz SCHLAZ.
Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft hat festgestellt, dass die alle nicht zurechnungsfähig sind.
Na dann ist ja alles halb so schlimm!
Vor kurzem haben die Vereinten Nationen und die EU die Internationale Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg angesiedelt – dies beweist auch einen sehr feinen Sinn für Humor.
Warum nicht gleich in Palermo?
In diesem Sinne Gratulation an Christian Klinger für das vorliegende Werk und ich freue mich schon auf den nächsten Seidenbast!
So…. nun hab ich es auch geschafft. Ich bin durch.
Auch zu mir kam das Buch per Post. Hatte einen netten Überbringer. Quasi persönliche Übergabe.
Mein Lesevergnügen war etwas gebremst. Zu viele Personen, zu viele Detailbeschreiben, die dann im Buch ein paar Kapitel weiter keine Relevanz mehr hatten (ich hab zumind. keine entdeckt). Sprachlich gesehen dürfte ich mittlerweile etwas wählerisch geworden sein. Hätte mir so manchen Dialog oder Gedanken schärfer formuliert gewünscht. Trotzdem gratuliere ich dem Autor zur Veröffentlichung! Werde auch weitere Bände lesen! Elke
Vielen Dank für das dicke Lob *freude*
Auf den dritten Teil bin ich schon gespannt! Das gibts dann wieder was zu lesen UND zu schreiben ….
Hallo, lieber Literatur-Bloggger!
Vielen dank für die Besprechung, die ich eben entdeckt habe (es ist tatsächlich länger her, dass ich das Buch geschickt habe)!
Mein Dank gilt vor allem Andreas, der sich seiner Rezi nach eher durch das Buch quälen musste.
Interessant war für mich als autor die dafür verantwortlich gemachte „ungewohnte Sprache“, weil ich bislang eher auf Unverständnis wegen der vielen Zeitsprünge gestoßen bin. Und auch das war ein Versuch, ging es mir darum, die Erzählebene durch die verschiedenen Rück- und Einblendungen etwas interessanter zu gestalten (im ersten Teil hatte ich immerhin drei verschiedene Erzählstränge, die sich erst nach und nach verwunden haben). Im nächsten Teil (erscheint 2010 bei Resistenz) wird der Erzählerhorizint gewechselt.
Zur Frage von Sündi: Ich hab nicht vom Haas abgeschrieben (und er wohl nicht von mir ;-)) ), aber die Verflechtung von Bau und Politik ist tatsächlich ein unerschöpliches Thema (mit dem ich auch beruflich zu tun habe – Anm. am Rande). Zu erwähnen und empfehlen ist da auch Vierichs Krimi „Blutgasse“, der im gleichen Milieu spielt.
Die vielen zugriffe freuen natürlich, ich geb aber zu, dass ich den link an ein paar Freunde weitergeleitet habe. Ich habe aber festgestellt, dass euer Blog sehr großen Zuspruch findet und viele artikel in kurzer zeit eine Vielzahl von LeserInnen interessieren.
In diesem Sinne: Macht weiter so, mein dickes Lob gilt Euch!!!
Liebe Grüße aus Wien
Christian
P.S. am 19.10.09 findet die nächste Kriminacht im Kaffeehaus statt www.kriminacht.at
Das mit den vielen Zugriffen ist mir auch aufgefallen, bin aber ein viel zu vornehmer Mensch, um meinen Erstverdacht der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Aber wenn du schreibst von „überrascht“ und „106 Besuchen“ und keine „Äusserungen“ keimt er wieder hoch, der böse Verdacht.
Kann es nicht sein, dass du den Zähler einfach bei 100 gestartet hast?
So abwegig ist das nicht, denke an die vielen Verfahren wegen Insiderhandel – wenn man lange genug neben der Quelle sitzt, irgendwann hält man die Flasche darunter!
Oder ein noch viel schlimmerer Verdacht: du hast dich vom Klinger seinem Verlag schmieren lassen, das Buch ein bisschen zu pushen – siehe Erstverdacht.
Was ich damit sagen wollte, ich finde es auch sehr schade, dass es keine Debatten über die Bücher oder ihre Autoren gibt oder meinetwegen über die Rezensenten.
Man nennt das ja posten und da würde sich der Kreis wieder schließen, weil der Andreas hat das Buch schließlich mit der Post geschickt bekommen.
LG, Sü.
PS: Vielleicht gibt es ja auch eine logische Erklärung. Die Leute haben statt dem Namen Christian den Namen Edith und dann Klinger gegoogelt.
Weil die Klinger hat immer die Hunde- und Katzenkopferl in Richtung Kamera gebogen und ungefähr so was gesagt wie: „Können denn diese Augen lügen?“, aber mit einer Stimme, sprich Kettenmotorsäge.
PPS: Wenn ich so recht nachdenke, fehlt sie mir schon mit ihren Dirndln und Tieren im Samstagnachmittagsprogramm des ORF.
Ein weiteres Beispiel für den Niedergang des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich!
PPPS: Die Neue heißt übrigens Entenfellner!
:-) Telefonbücher! (gibts die noch?)
Hier die Aufklärung: Das Buch kam als Leseprobe vom Autor. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken. Jetzt wird es im Kreis der Literaturblog-Autorinnen herumgereicht, damit die auch noch Ihre Meinung dazu abgeben können.
Was mich überrascht: jetzt (zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Kommentars) sind es bereits 106 Besuche auf dieser Seite Aber niemand hat sich dazu geäussert, das ist schade!
Hallo Andreas!
Wer hat da wohl von wem abgeschrieben? Der Haas vom Klinger oder umgekehrt?
Oder ist das Geflecht Baufirmen und Politik (AKH, SMZ Ost, Pratervorplatz, Skylink,…) ein derart dichtes und ergiebiges, dass sich aus dieser Thematik noch viele Kriminalromane ergeben werden?
Freut mich, dass du es geschafft hast – man leidet ja irgendwie mit, wenn man erfährt, dass ein Kollege mit einem Buch hängt!
Was aber bitte schön bedeutet „Aber: das Buch kam mit der Post, das ist die Verpflichtung, es auch zu Ende zu lesen.
Heißt dies, dass man alles was mit der Post kommt auch lesen muss (Telefonbücher, Informationen der Priesterbruderschaft des Hl. Pius, Wahlwerbeprospekte der FPÖ,…)?
Bitte um dahingegehende Aufklärung.
LG, Sü.