Buchbesprechung/Rezension:

Ellegast, Burghard: Der Weg des Raben

verfasst am 18.04.2010 | 4 Kommentare

Autorin/Autor: Ellegast, Burkhard
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Buchbesprechung verfasst von:

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Burkhard Ellegast war 25 Jahre lang Abt des Benediktinerklosters Stift Melk. Nachdem dieses Amt von einem Jüngeren übernommen wurde, widmet sich Ellegast nun, befreit von den tagtäglichen Verpflichtungen eines „Vorstandsvorsitzenden“ mehr dem Kontakt zu Menschen. Ein Ausdruck dieses Wunsches nach vermehrter direkter Kommunikation ist dieses Buch.

Es spannt sich ein Bogen von der Entstehung der christlichen Kirche über die Entstehung des Benediktinerordens bis in die Jetztzeit. Eine detaillierte Schilderung der Ereignisse würde dabei den Rahmen des Buches sprengen und somit wird dieser Bogen nicht zu einer geschichtlichen Abhandlung, sondern zu einer Beschreibung der wichtigen Kreuzungspunkte. Das reicht aber aus, sich ein Bild zu machen, wer sich Detailwissen aneignen will, hat dazu jede Menge weiterführenden Literatur zur Verfügung.

Das eine Thema des Buches ist Kirche und Orden, das andere Thema ist der Weg des Burkhard Ellegast. Von seinem Eintritt bei den Benediktinern im Jahr 1951  über seine jahrelange aktive Rolle, sein Wirken als Abt (1975-2001) bis hin zu dem Menschen, der er heute ist.

„Der Weg des Raben“ ist nicht missionarisch. Es ist die Geschichte eines Mannes, der sich einerseits einem Leben nach den Regeln des heiligen Benedikt verschrieben hat, aber andererseits niemals den Blick über die Klostermauern hinaus gescheut hat, dieses im Gegenteil bewusst immer wieder gewagt und daraus erst sein gesamtes Denken geformt hat. Es wird daraus die Verbindung von Glauben und Sinn für die Realitäten des 20. und 21. Jahrhunderts.

Breiten Raum nimmt die Beschreibung des täglichen Lebens im Kloster ein, was es bedeutet, sich für diesen Lebensweg entschieden zu haben. Ellegast stellt dazu immer wieder die entsprechenden Auszüge aus den Regeln des Benedikt und schildert ganz konkrete Erfahrungen aus seinem eigenen Leben.

Gerade jetzt ist es keine leichte Aufgabe, ein Buch über das Innere bzw. einen Teil der katholischen Kirche zu schreiben. Fast tägliche Schlagzeilen über Missbrauchsfälle, Vertuschungen, mangelnden Willen zur Aufklärung und Unwillen zur Änderung der grundlegenden Probleme: in einer Zeit in der die Kirche, zumindest nach außen hin, zwischen Transparenz und Evolution auf der einen Seite und im Verharren auf dem Leitsatz der Unfehlbarkeit auf der anderen Seite hin- und hergerissen wird, muss wohl auch  Burkhard Ellegast darauf eingehen. Wobei „müssen“ nach meiner Einschätzung nach der Lektüre des Buches und auch nach dem, was ich bei der Präsentation im Stift Melk gehört habe, nicht ganz richtig ist. Es ist vielmehr ein „Wollen“ – Ellegast will sich gar nicht davor drücken (wie so viele andere in der Kirche).

Es sind, nach meinem Dafürhalten, schon extrem klare Standpunkte, die der Altabt da vertritt: das Zölibat nur mehr als eine Möglichkeit für Priester aber nicht mehr als Pflicht, der Wunsch nach rascher Änderung der Kirche, ein unverkrampftes und positiveres Umgehen der Kirche mit dem Thema Sexualität insgesamt und ein rascheres Handeln der kirchlichen Institutionen beim Missbrauchsfällen. Nur einige Beispiele für Aussagen von Ellegast, die er nicht nur im Buch, sondern vor allem auch in einer Vielzahl von Interviews und Aussagen in den Medien trifft. Dabei stellt er auch den moralischen Anspruch der Kirche dem tatsächlichen Handeln gegenüber. Diesen Aussagen gebührt, egal ob man gläubig ist oder nicht,  allerhöchster Respekt.

Schon auf dem Titel des Buches wird Paolo Coelho zitiert, der auch der Ehrengast bei der Buchpräsentation war. Das vermittelte mir den Eindruck, dass es zwischen diesen beiden Männern eine tiefgehende, langjährige Verbindung gibt. Meine Erkenntnis dazu nach der Lektüre:  Coelho Coelho spielt zwar eine sehr wichtige Rolle und wird von Ellegast als sehr enger Freund bezeichnet, aber dieses Thema nimmt nur wenig Raum in Buch ein, ist nur ein Kapitel von vielen, die das Leben und das Denken des Abtes schildern. Ja, Ellegast ist stolz auf diese Freundschaft, aber, so wie ich es verstanden habe, ist sein Verständnis von Freundschaft, dass jede gleich viel wert und wichtig ist wie die andere.

Was abseits von Glauben oder Konfession für jede/n über dem ganzen Buch steht,  ist der Aufruf von Burkhard Ellegast: wenn man etwas sieht, das nicht richtig läuft, das augenscheinlich eine falsche Richtung nimmt, dann soll man nicht wegsehen oder es einfach als gegeben hinnehmen. Erkennen, nachdenken und an der Lösung arbeiten.

Deshalb ist sein Leitsatz „Mach es anders“ durchaus auch ein Leitsatz für alle Denkenden und Fühlenden und für alle, die mitgestalten wollen – gleich, ob sie das innerhalb einer (das „einer“ steht hier ganz bewusst) Kirche oder in anderen Bereichen machen wollen.

Links mit weiterführenden Informationen:

Stift Melk
Der Benediktinerorden auf Wikipedia
Website des Benediktiner-Ordens




4 Kommentare

  • Manfred Lagler_regall sagt:

    In dieses Buch schrieb mir im Jahr 2011-2015(?) mein, unser Religionslehrer Abt Burkhard Ellegast Dr. folgende Zeilen: „für Manfred Lagler-Möge das Buch viel Freude schenken und ein wenig an mich erinnern. Alles Liebe Burkhard Ellegast OSB
    Er, Burkhard Ellegast schreibt in seinem Buch, seiner Auto-Biografie, „Der Weg des Raben“, über den hl. Benedikt von Nursia folgendes auf Seite 10. „In der Persönlichkeit Benedikts vereinen sich echte Menschlichkeit und tiefer Glaube. So fließen aus der Regel auch Anregungen und Anstöße für einen gelebten Glauben, der Kraft gibt und Freude schenkt.“ Zeit seines Lebens hat sich Burkhard Ellegast Dr. mit, der benediktinischen Regel („ORA ET LABORA“ – ET LEGE (neuzeitlich)“) auseinandergesetzt. Burkhard Ellegast, der 2001 als Abt des Stiftes Melk emeritierte, schreibt als Biograf seines Lebens und als Schriftsteller und Theologe „Wenn wir uns unseres Lebens freuen, und über alles, was uns schmeckt, was Wohlbehagen und Zufriedenheit schenkt, froh sind, wenn wir als glückliche Menschen leben, ist das Gott sicher wohlgefälliger, als wenn wir mit herber und verbitterter Miene herumlaufen. Man müsste es uns auch ansehen, dass wir frohe Menschen sind.“ Als der Autor dieser Zeilen gestern am frühen morgen starb, am Gedenktag des hl. Don Bosco, der als Lebensmotto, „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“ hatte. Da trifft sich dieses Lebensmotto sehr gut mit dem Motto von Burkhard Ellegast, „Mach es anders!“ Denn das lebenslange Lernen ist dem Autor dieses Buches so wichtig, so dass ich dieses Buch, und diese Biografie, sehr gerne zum Lesen und Studieren weiterempfehlen möchte! Requiescat in pacem, Burkhard Ellegast! Amen. (Audio et Video et Cognosco) 01.02.2022

  • Manfred Lagler - regall sagt:

    Heute hat jener, unser, mein Lehrer, Burkhard Franz Ellegast Dr. OSB geboren im Jahr 1931 am 06-11-, öst. 66. Abt des Stiftes Melk, kath.Theologe, Benediktiner, seinen 89. Geburtstag! Gratulation! Ad multos annos!

  • Manfred Lagler_Regall sagt:

    Ich möchte hiermit ein Gespräch von Altabt des Stiftes Melk Burkhard Ellegast, OSB, mit Paulo Coelho, dem berühmten brasilianischen Schriftsteller, wiedergeben. So wie es sich vielleicht zwischen einem Lehrer und seinem Schüler zugetragen hätte können!

    Paulo Coelho sagt: „Mach es so, daß es Dich und den anderen Menschen belebt!“ Darauf Burkhard Ellegast, dessen Mentor und Lehrer, „Daher mach es anders, wie ich es gemacht habe!“

  • Manfred Lagler_regall sagt:

    „Mach es so, daß es belebt!“ Daher „Mach es anders,“ wie ich es gemacht habe!

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