Buchbesprechung/Rezension:

David Peace : Tokio im Jahr Null

verfasst am 08.09.2010 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Peace, David
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Buchbesprechung verfasst von:

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[Gesamt: 3 Durchschnitt: 2.7]

Tokio im Jahr Null, das ist die japanische Hauptstadt im Jahr 1945:  das Jahr Null, nachdem die alte Ordnung mit dem Zweiten Weltkrieg zu Ende ging, das Jahr Null, nachdem die alten Werte in den Trümmern von Hiroshima und Nagasaki versanken. Es ist ein Jahr, bevor Inspektor Minami in all dem Chaos die Spur zu einem Serienkiller finden muss.

Alles spielt sich zwischen Anarchie und Besatzungsmacht ab. Eine düstere Zeit und ein düsteres Buch, beides wird schon bald klar. Über das Japan in dieses Tagen ist mir kaum etwas bekannt. Umso fremdartiger erscheint die Schilderung der Lebensumstände und der Lebensart. Mangels besseren Wissens darüber nehmen ich beides als gegeben an, so wie es beschrieben ist.

Und es ist keine Zeit und keine Welt in der man leben will, eine Welt wie  aus einem Endzeit-Thriller.  Nichts erinnert an das Japan und die Japaner von heute, nichts da von High-Tech, Wirtschaftsmacht, alter Kultur. Nur Zerstörung, Mangel, Tod und Hoffnungslosigkeit. Die Menschen sind in ihrem Denken noch in der Großmachtwelt hängen geblieben, in der der Traum von der Weltmacht des Kaiserreiches geträumt wurde, doch ihr Leben spielt sich schon in der Zeit danach ab.

Verstärkt durch den Stil des Buches:  nicht nur Handlung und Dialoge, sondern dazu noch eine Art vom Parallelgeschehen – das handelt von dem, was Minami an Eindrücken, Gefühlen, Gerüchen, Geräuschen empfindet. Das zog mich zu Beginn beim Lesen weitaus tiefer in die Geschichte hinein, als es sonst der Fall ist. Die Welt im Japan des Jahres 1946, dem nach nach dem Jahr Null, wird greifbar. Manchmal ist es dabei mühsam, den Überblick über die Vorgänge zu behalten, denn die vielen japanischen Namen und Bezeichungen sind doch etwas ungewohnt und die schiere Menge davon kann, gemeinsam mit diesem Stil,  leicht zu Verwirrung führen.

Und immer wieder Hitze, Krankheit, Unrat, Tradition, Untergang.  Doch dann wird das, was auf den ersten Seiten noch interessant war, durch die fast obsessive Wiederholung von Phrasen rasch zuerst eintönig und später …. wirklich nervend.

Ein  Jahr nach dem Jahr Null werden zwei Frauenleichen aufgefunden. Die äußeren Umstände und die gewonnenen Erkenntnisse lassen in Insektor Minami die Erinnerung an einen ungeklärten Mordfall wieder hoch kommen, der genau in jener Stunde des Jahres 1945 entdeckt wurde, als die Stimme des Kaisers erstmals über das Radio zu hören war, jene Stunde, in der der Kaiser die Niederlage und die Kapitulation des Reiches verkündete. Die Fahnungsgruppen werden an den Tatort geschickt – das bedeutet viele Tage lang nur Suchen, ermitteln, berichten. Ein Serienmord? Einzeltaten, unabhängig von einander begangen, nur zufällig am selben Ort?

Ein Jahr ist seit damals vergangen, in dem die alte, die traditionelle Welt begonnen hat sich in eine Welt des 20. Jahrhunderts zu ändern (mit der Betonung auf ‚begonnen‘). Die amerikanische Besatzungsmacht betreibt die Demokratisierung des Landes, doch die jahrhundertealte hierarchisch geprägte Disziplin ist weiterhin allgegenwärtig. Die alten Kader wurden Schritt für Schritt aus ihren Positionen entfernt, nur um an anderer Stelle wieder in einflußreiche Positionen zu kommen. Es es herrscht Mangel an Nahrung, Mangel an Leben und der Alltag ist geprägt von den kriminellen Banden, die vom Leid der Menschen profitieren.

Eine schwere Aufgabe, sich da durch zu kämpfen und fast wäre ich daran gescheitert. Sicherlich interessant in Aufbau und Stil, sicherlich bedrückend in der (über)realistischen Darstellung. Aber ein Krimi ist es sicherlich nicht, dafür fehlt es einfach an der Spannung und überdies spielt die Krimihandlung nur eine sehr untergeordnete Rolle – oder das, was den Krimi ausmacht, ist zwischen all diesen kurzen Sätzen und abgehackten Gedanken verloren gegangen. Alles zusammen:  enttäuschend.

PS eine Annahme: „Tokio im Jahr Null“ ist ein Buch, das die LeserInnen ganz klar in zwei Gruppen teilt – die einen sind fasziniert, die anderen mögen es gar nicht.




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