James Sallis: Der Killer stirbt
Autorin/Autor: Sallis James
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Ein unbedeutender Buchhalter, auf den gleich zwei Killer angesetzt sind!? Es ist kaum zu glauben, aber als Christian nur einmal kurz seine Position verlässt, gelingt es dem anderen genau in diesem Moment zuzuschlagen.
Davor hatte er nicht die geringste Ahnung, geschweige denn einen Verdacht, dass er nicht der einzige wäre, der sich um den Buchhalter kümmern sollte. In aller Ruhe beobachtete er, kundschaftet aus und arbeitete am richtigen Plan. Und jetzt steht er vor dem Krankenwagen, drinnen liegt das Opfer – sein Opfer, seine Zielperson, sein Auftrag – nieder geschossen, aber nicht tot. Ein zweiter Killer scheint hier am Werk, einer, der aber nicht einmal das Grundlegende beherrscht – sein Opfer zu töten.
Ein Überblick über die Personen im Stück ist nun hilfreich: Da wäre einmal Christian (obwohl, das ist nicht sein richtiger Name, den hatte er irgendwann in seiner Militärzeit verpasst bekommen). Er war noch recht jung, als er feststellte, dass er vom Streben fasziniert ist, von dem Moment, in dem der Tod das Leben ablöst. Das wird wohl der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass er Auftragskiller wurde – und jetzt sieht er sich selbst beim Sterben zu.
Rankin, der Buchhalter, das Opfer. Gerade noch schlürfte er eine Kaffee während einer kurzen Pause, dann lag er auf dem Rücken, sah Gesichter, hörte Stimmen und jetzt ist er da, in diesem Krankenzimmer und versteht nicht was der Arzt im erzählt, kann die Fragen der Polizisten nicht beantworten.
Dann ist da Jimmy, der Junge, der es perfekt versteht, vor der Welt draussen zu verheimlichen, dass seine Eltern schon seit langer nicht mehr zu Hause sind. Und die Polizisten Graves und Sayles, die Christian im Weg stehen, denn der denkt nach wie vor daran, seinen Auftrag zu erfüllen, obwohl oder vielleicht gerade weil ein anderer Mist gebaut hat.
Wäre es ein Film, könnte man sich wenigstens optisch orientieren. So aber wird jeder neue Abschnitt zu einem Ratespiel – von wem ist jetzt die Rede, wer redet hier und jetzt? Ist es die Gegenwart oder ist es ein Rückblick? Oft passierte es mir, dass ich mitten im Absatz darauf kam, dass sich irgendwo zwischendurch Ort und/oder Person geändert hatten. Dann hieß es zurück, den Beginn dieses Abschnittes suchen und nochmals lesen. Echt mühevoll und ein perfektes Mittel um jede mögliche Spannung gleich wieder im Keim zu ersticken.
Erschwert wird es dadurch, dass alle handelnden Personen irgendwie sehr ähnlich denken und auch – abgesehen davon dass sie unterschiedliche Rollen zu spielen haben – ähnliches tun (vereinfacht und zugegeben sehr polemisch gesagt: der Autor hat es nicht für nötig erachtet, unterschiedliche Charaktere zu entwickeln – in gewisser Weise sind alle handelnden Personen gleich).
Eine Gemeinsamkeit ist auch die umfassende graue Trost- und Perspektivlosigkeit, die über Menschen, Orten und Strassen hängt. Grau und düster, Sallis schreibt über eine Welt, in der schon ein Lächeln absolut undenkbar ist, höchstens ein zynisches Verziehen der Mundwinkel kann man dort hin und wieder sehen. Besser, man ist also nicht schon vor dem Lesen depressiv, denn bei dieser Lektüre kann man es werden.
So, und was war denn nun mit dem tollen Thriller/der großen Literatur, von dem/der in einigen Rezensionen berichtet wurde? Immerhin reihte ARTE dieses Buch im Juni und Juli 2011 auf Platz 2 der Krimi-Bestenliste. Gute Frage, das habe ich nicht heraus lesen können, zu sehr hat es mich beschäftigt, die einzelnen (Ab)Sätze einer Gesamt-Handlung zuzuordnen.
Letztendlich bin ich aber daran gescheitert, nachdem zum x-ten Mal ein Absatz/Kapitel mit so etwas wie „Er“ begann und ich wieder einmal zuerst keine Ahnung hatte welcher „Er“ denn gerade gemeint ist (siehe auch: kaum unterscheidbare Charaktere).
Für mich zu dunkel, zu düster, zu verwirrt/verwirrend.
Aber so ist das eben, Lesen ist reine Geschmackssache.