Buchbesprechung/Rezension:

Paul Auster: Sunset Park

verfasst am 24.07.2012 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Auster, Paul
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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 5]

Es ist das Jahr, in dem der verlogene Fundamentalismus der Herren George W.Bush und Dick Cheney endlich beginnen konnte, im Dunkel der (schnell zu vergessenden) Geschichte zu versinken. Das Jahr 2008, in dem ein Ruck durch Amerika ging und die meisten begeistert „Yes we Can“ riefen und neue Hoffnung schöpften.

Doch bevor es dazu kam, würden bekanntlich die acht Jahre der Betonköpfe im Weissen Haus noch weitere Opfer fordern. Da die toten Soldaten und Zivilisten im Irak, dort die unzähligen Verlierer der Immobilienblase und die unüberschaubare Zahl der Opfer von irrwitzigen Spekulationen.

Das ist der Hintergrund, vor dem Paul Auster die Geschichte einiger junger Leute erzählt, die ganz unterschiedliche Schicksale in einem verlassen Haus in Brooklyn zusammengeführt hat. Wie gesagt der Hintergrund, nicht aber das Thema. Nur ganz selten erfährt man konkret etwas die Krisen, die Skandale, die Katastrophen, die wir nur zu gut aus den Medien (oder eigener Erfahrung) kennen.

Womit man es zu tun bekommt, das ist keine Geschichte, die fesselt, die einen knisternden Spannungsbogen aufbaut. Es ist auch keine direkte, wortgewaltige Abrechnung mit dem System der neoliberalen und klerikalen Fundamentalisten.  Paul Auster überlässt es der Leserin/dem Leser, für sich selbst die richtigen Schubladen zu öffnen, in die man die Ereignisse einordnen will. Und er lässt die Leserin/den Leser bis zum Schluss vergeblich auf Greifbares warten.

Es ist die Schilderung eines Lebensabschnittes einiger Menschen und wie sie selbst diese Zeit erleben, was für sie wichtig ist, was sie bedrückt, womit sie sich auseinandersetzen müssen. Weniger oft erfährt man, was sie erfreut, denn Schönes passt nicht in diese Zeit und nicht in diese Geschichte. Sie alle sind dabei durch vielerlei Einflüsse von aussen gelenkt, viel mehr als selbstbestimmt aus sich heraus wären.

Das Haus in Sunset Park, einem herunter gekommenen Teil von Brooklyn, wird für eine gewissen Zeit zum gemeinsamen Lebensmittelpunkt. Ein Haus, das keine Besitzer mehr hat und das von der Stadt übernommen und dann vergessen wurde, ja sogar Strom und Wasser gibt es hier noch. Von seinen neuen BewohnerInnen quasi besetzt (wenn auch ohne das ganze Hausbesetzter-Tamtam der 1970er-Jahre), können sie sich so einrichten, als wäre das Haus ihr eigenes.

Gleich im ersten Abschnitt darf nicht allzu ungeduldig sein. Wenn es da seitenlang um Baseball samt Statistiken, Namen und Teams geht, dann ist das für den überwiegenden Teil der EuropäerInnen nicht nur langweilig sondern auch völlig unverständlich (mein Glück, dass ich mir gelegtentlich US-Baseball ansehe – das ist so langweilig, das es sich wiederum hervorragend als Hintergrundkulisse beim Lesen eines (dieses) Buches eignet :-). Also bitte nicht gleich ganz überfliegen, denn dann würde ein wenig zum Verständnis des Kommenden fehlen.

In weiteren Verlauf folgen noch ein paar ähnlich gelagerte „Themenschwerpunkte“, immer handelt es sich dabei um ein wichtiges Thema für eine/n der Protagonisten – und jedes Mal ist die Versuchung groß, ein paar Absätze zu überspringen.

In diesem Buch gibt es keine Handlung im eigentlichen Sinn, auch wenn der Klappentext da etwas anderes erwarten lässt. (der verspricht auch sonst etwas anderes, als das Buch dann hält). Keine Handlung, nur ein schwacher roter Faden, der die Liebe zwischen Miles Heller und Pilar beschreibt.

Um diesen dünnen Faden herumgewoben sind jede Menge gedankliche Ausflüge zu Vergangenem und Gedanken über das,was gerade geschieht oder geschehen sollte. Kurze Blicke hierhin und dorthin und am Ende verflüchtigt sich das Gelesene genauso spurlos, wie es zu Beginn still und unauffällig herein gekommen ist. Kein Anfang und keine Ende, dazwischen aber viele Rückblicke und viele Leerläufe.

Klar ausgesprochene Worte fehlten mir, Sätze, deren Bedeutung über diese eine Seite auf der sie gedruckt sind, hinaus gehen ebenfalls.  Das ist enttäuschend, denn nach den letzten beiden Romanen von Paul Auster hatte ich mir viel mehr erwartet.

Ein Buch, das man dann unbedingt lesen sollte wenn man herausfinden will, warum sich die Leserschaft dabei in so gegensätzliche Lager teilt: von phantastisch bis verzichtbar werden die Meinungen darüber auseinandergehen. Wenn man sich nicht für diese Meinungsvielfalt interessiert, dann kann man getrost darauf verzichten, „Sunset Park“ zu lesen.

Mein Resumee:  man muss sich oft (zu oft?) durch langatmige/überlange Abschnitte arbeiten/quälen, dazwischen trifft man viel zu selten auf interessante. Wenn Paul Auster dabei über die einzelnen Menschen redet, dann redet er gleichzeitig auch über den Zustand des ganzen Amerika. Mit den vielen Worten und Sätzen darum herum versteckt und vergräbt er dies aber und ich frage mich:  ist das so gewollt?

Einen bleibenden Eindruck hat das Buch jedenfalls bei mir nicht hinterlassen, eher Ratlosigkeit…




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