Buchbesprechung/Rezension:

Ingrid J. Poljak: Bildermord
Salzburger Festspielkrimi

verfasst am 13.09.2012 | 2 Kommentare

Autorin/Autor: Poljak, Ingrid J.
Genre:
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[Gesamt: 6 Durchschnitt: 4]

Der Untertitel gibt die Richtung vor: in diesem Krimi wird man ins Innere der Salzburger Festspiele geführt. In die Welt des Schauspiels, des Gesanges, der Regie, der Künstlerinnen, all der Menschen, die dafür sorgen, dass das Publikum am Abend jubeln kann und fasziniert ist von der Inszenierung. Einige dieser unzähligen, meist unsichtbaren, aber unverzichtbaren Menschen spielen hier in den Haupt- und Nebenrollen. Die Rollen in einem Krimi über Mord, Kunstdiebstahl, Betrug, Vergangenheit und Gegenwart.

Der Hauptdarsteller: Henri Devolier. Einer, von dem man nicht weiß ob man ihn verabscheuen soll, oder bemitleiden, oder beides. Jetzt ist er Kulissenmaler, ein Künstler, dem sogar die weltberühmten Regisseure vertrauen. Und in Salzburg soll und kann er es noch weit bringen, steht doch seine Beförderung zum Chef aller Bühnenbilder der Festspiele an.

Früher, ein paar Jahre sind seither vergangen, war er ein eifersüchtiger Ehemann, der feige und brutal die Frau schlug, die er liebte. Und er war auch noch in andere Verbrechen verstrickt, was ihm sogar schon eine Verurteilung und ein paar Jahre im Gefängnis  einbrachte.

Jetzt, gerade als sich sein Leben endlich beruhigt zu haben schien, muss er gleich mit  mehreren Ereignissen fertig werden. Seine Nachbarin, die Frau Gmachl, die ihn so liebevoll mit Apfelstrudel verwöhnte und dafür immer nur mit ein paar Geschichten versorgt werden wollte, wird ermordet. Er erhält Besuch von jemandem, der eine Kopie eines Bildes von Egon Schiele bestellen möchte und er, Henri, wäre doch der richtige, um so etwas herstellen zu können.

Als  dann auch noch seine Ex-Frau Valentina in Salzburg auftaucht, glaubt er zunächst an eine zufällige Begegnung (es kommen ja viele Menschen in der Festspielzeit in die Stadt). Doch schnell stellt sich heraus, dass sie als Regieassistentin engagiert wurde. Valentina den ganzen Tag zu sehen – das übersteigt beinahe seine Kräfte, denn seine Gefühle für sie sind nach wie vor präsent, dabei bereut er seine früheren Taten und die Gewalt ihr gegenüber zutiefst, kann ihre Gegenwart aus lauter Schamgefühl nur schwer ertragen und hat sie außerdem in seiner Arbeit für die aktuellen Inszenierungen unverkennbar, mehrmals porträtiert.

Und das Bedrohlichste: jemand scheint Henris kriminelle Vergangenheit nützen zu wollen, um ihm gleich eine ganze Reihe von neuen Verbrechen anzuhängen.  Das funktioniert so gut, dass Henri schon bald ins Fadenkreuz der Ermittlungen der Polizei gerät. Immer mehr vermeintliche Hinweise, fingierte Spuren deuten auf ihn als Täter, während sich die Leichen rundherum zu stapeln beginnen.

Als ob das alles noch nicht genug wäre, steht auch die Premiere von Hoffmanns Erzählungen vor der Türe und damit noch mehr Zeitdruck, noch mehr Arbeit, als es sonst schon die Norm ist. Nur noch 19 Tage Zeit bis zum ersten (oder letzten) Vorhang und Henri muss sich wehren – die Frage ist nur: wogegen und gegen wen?

Es gibt viel über die Charaktere dieses Romanes zu erzählen und zu erfahren. Vergangenheit und Gegenwart spielen gleich wichtige Rollen und daher muss man einfach wissen, was die Beteiligten denken, warum sie gerade so handeln, gestern und heute. Was sie früher miteinander zu tun hatten und wie sich das auf das Heute auswirkt. Die Form, wie dieses Wissen beim Lesen fast wie nebenbei übermittelt wird, hat mir sehr zugesagt. Denn es sind keine eingeschobenen Rückblicke oder künstlich eingeschobene Erinnerungen in der Form von „Früher…“. Das Wissen über früher fließt ganz einfach in die Handlung ein, so als müsste man genau zu diesem Zeitpunkt erfahren, was damals geschah. Wie selbstverständlich.

Damit und auch mit all den Geschichten über das Innenleben der Festspiele wird man beim Lesen mit einer ganzen Menge an Informationen versorgt, die aber – wiederum – genau zu diesem Zeitpunkt richtig und sinnvoll platziert erscheinen.

Das macht aus dem „Bildermord“ keinen leicht dahin zu lesenden  Krimi, da sollte man sein Hirn schon vollends dem Buch zuwenden, um nicht Wichtiges zu versäumen. Und trotzdem: ganz selten musste ich dann doch ein paar Absätze zurückblättern, weil ich trotz aller Hinwendung den Faden verloren bzw. den Überblick nicht gewonnen hatte.

An Ende hat man ein paar Einblicke gewonnen (wie so ein Festspielbetrieb tickt) und wurde dabei von Anfang bis Ende wirklich sehr gut und sehr spannend und sehr aufregend unterhalten. Und man wird wissen, was man von Henri, dem Hauptdarsteller, zu halten hat.

Die Autorin verwirrt und enträtselt sehr an- und aufregend. Das spornt gewissermaßen zum Mit-Ermitteln an und lässt zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen.
Kurz gesagt: ein sehr gelungener Krimi, ein tolles Krimidebüt!

PPS: Noch ein aktueller  Salzburger-Festspiel-Krimi




2 Kommentare

  • ijpoljak sagt:

    Hallo Ravena, danke für die lobenden Worte. Insider bin ich nur zum Teil, anderenteils hatte ich sehr gute Möglichkeiten zu recherchieren. Comics hab ich selbst schon gezeichnet, und unterm Opernpersonal habe ich gute Bekannte.
    LG, Ingrid J. Poljak

  • Ravena sagt:

    Bildermord …
    Ein wirklich lesenswerter Krimi, so, wie ich Krimis mag: fein gezeichnete Charaktere, der Plot ursächlich verknüpft mit dem Umfeld (eine Opernproduktion bei den Salzburger Festspielen), psychologische Einsicht, kein sinnloses Gemetzel um des Gemetzels willen. Die Autorin ist entweder Insider im Künstlermilieu oder hat das Umfeld sehr genau recherchiert.

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