Buchbesprechung/Rezension:

Andreas von Seggern: Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über die BRD und die DDR

verfasst am 30.08.2013 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: von Seggern, Andreas
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Was darf von einem Buch mit diesem Titel erwarten? Eine dieser „die 20 besten…“, die beliebtesten 20 …“ Hitlisten? Darf man, wird dann aber ein wenig enttäuscht sein; oder nein: man wird positiv überrascht sein! Denn hier hat man nicht ein Stück Folklore in der Hand, sondern man bekommt 20 kurze Geschichten aus dem Alltag der beiden Deutschlands geliefert, deren Inhalt und Hintergrund weit über übliche Best-Of-Auswahlen hinausgehen.

Als Nicht-Deutscher habe ich nach dem Lesen einiges erstmals bzw. besser verstanden: wie unsere nördlichen Nachbarn denken und was sie dazu gebracht hat, so zu denken.  Für viele Deutsche werden sich auch ganz neue, bislang unbekannte (oder vergessene, im Laufe der Zeit umgedeutete, von der Erinnerung verbrämte) Tatsachen offenbaren.

Es beginnt gleich nach dem letzten Schuss des 2. Weltkrieges, damals, als die Welt nur aus Trümmern, nicht aber aus einer Zukunft bestand. Schon bald danach entwickelten sich Ost und West in unterschiedliche Richtungen, gesteuert bzw. motiviert (je nachdem, in welchem Landesteil man sich befand) von den Besatzungsmächten.

Der Autor Andreas von Seeger ist Historiker und hat sich intensiv mit den Menschen der beiden Deutschlands auseinander gesetzt. Er dokumentiert sehr detailreich, stellt Verbindungen her und vergleicht Menschen, Strukturen, Gewohnheiten und Lebensumstände. Zwischendurch – und da trifft sich die Erwartungshaltung, die man durch den Titel vielleicht hatte, mit dem Buch – schiebt er immer wieder amüsante Anekdoten ein, in denen sehr verständlich wird, wie dieses und jenes tatsächlich war.

Von Entnazifizierung bis Wiederaufbau, von Popkultur bis Sexualität, von Reiselust bis Emanzipation, von Sportdoping bis Trabbi. Der Bogen umspannt eine Vielzahl an Themen, die die Deutschen beiderseits des Eisernen Vorhanges und später beiderseits der Ossie/Wessie-Trennlinie (die irgendwann den Weisswurst-Ädquator als Abgrenzungssymbol ersetzt hat) beschäftigte und beschäftigt.

Vieles wird klarer und von einigen althergebrachten, hartnäckigen Klischees kratzt dieses Buch den Lack ab. Seeger beschränkt sich dabei nicht nur auf Historisches, er lässt uns auch wissen, was er von diesem oder jenem ganz persönlich hält.

Wenn es für mich, als Aussenstehendem lehrreich und erhellend war, obwohl uns Österreicher mit den Deutschen durch die gemeinsame Sprache natürlich enorm viel verbindet: wie viel würde dann dieses Buch an Aufklärung bzw. Aufhellung in jenen Ländern bieten, die sprachlich, geografisch und gesellschaftlich weiter entfernt sind.

Eine sehr positive Überraschung, die der Theiss-Verlag da auf den Markt gebracht hat. Empfehlenswert für alle, die etwas über den Alltag und die Wirklichkeit in BRD/DDR/Deutschland erfahren möchten. Und ein Dämpfer für jene, die in Ostalgie und DDR-Romantik schwelgen.

PS: habe mir gerade auch auf YouTube ein paar Ausschnitte aus der DDR-Propagandasendung „Der Schwarze Kanal“ angesehen. Sehr sehenswert, weil unglaublich.

PPS: zum Thema Sport wurden wir erst kürzlich mit weiteren Erkenntnissen versorgt: Artikel auf www.spiegel.de




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