Buchbesprechung/Rezension:

Cay Rademacher: Der Fälscher

verfasst am 27.09.2013 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Rademacher, Cay
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Auf rasantes Tempo legt der Autor keinen Wert, denn das Geschehen baut er sehr geduldig auf;  hin und wieder hätte ich mir, gerade am Anfang, ein wenig mehr an Bewegung gewünscht; je mehr ich dann aber las, desto besser passte alles zusammen: Tempo, Handlung, historischer Hintergrund, Personen; und am Ende war daraus ein toller Roman geworden.

Vielleicht/wahrscheinlich lag es vorerst einfach daran, dass ich mit diesem Buch erst mit dem dritten Band in die Krimireihe über das Hamburg der Nachkriegsjahre einstieg. Dabei fehlte es nicht am Verständnis für die Hauptpersonen: Cay Rademacher liefert auf den ersten Seiten knapp aber umfassend das an Wissen aus den ersten beiden Romanen nach, was man zum Verständnis dieses dritten braucht („Der Fälscher“ ist also durchaus auch dann gut lesbar, wenn man „Der Schieber“ und „Der Trümmermörder“ – noch – nicht gelesen hat).

Im Jahr 1948 ist Hamburg noch eine Stadt in Trümmern. Überall Schuttberge, die noch manches Geheimnis unter sich begraben. Eines davon taucht auf, als in einer Brandruine der Schutt nach Wertvollem durchsucht wird: eine Leiche und Überreste von Kunstgegenständen. Beides, so möchte man meinen, nicht überraschend in den Trümmern eines Hauses, das während der Luftangriffe beinahe völlig zerstört wurde.

Wäre nicht Oberinspektor Stave an den Fall angesetzt, dann würde die Sache auch sicherlich umgehend in irgendwelchen Aktenbergen verschwinden. Stave jedoch, der gerade erst zum Chefamt S – heute würde man das wahrscheinlich als Wirtschaftpolizei bezeichnen – gewechselt ist, kann sich noch immer auf seine in der Mordkommission geschulte Spürnase verlassen.

Und die sagt ihm: da passt zu viel nicht zusammen. Stave macht sich, mit inoffizieller Unterstützung durch den Staatsanwalt, daran, nicht nur den Fund der Kunstgegenstände (wöfür er zuständig ist) sondern auch die Ursache für den Tod der noch unbekannten Person zu untersuchen.

Zur selben Zeit tauchen auch noch schlecht gemachte Blüten auf dem Schwarzmarkt auf: so kurz vor der geplanten Währungsreform werden nicht nur die deutschen Behörden sondern auch die Briten als in Hamburg zuständige Besatzungsmacht, sehr unruhig. Niemand kann in dieser schwierigen Zeit auch noch Misstrauen gegenüber dem Geld gebrauchen.

Zwischen Trümmern und übrig gebliebenem Nazi-Personal: beinahe wichtiger als die Kriminalfälle ist die Beschreibung der Zustände in den Jahren nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Da sitzen in den Behörden in der Nazizeit Verfolgte mit alten Nazis Tür an Tür , da nützen die Schwarzhändler die Not der Menschen hemmungslos aus, da besteht die Stadt noch zum überwiegenden Teil aus Ruinen, die jederzeit in sich zusammenstürzen können. Da wirken noch immer die eingespielten Nazi-Seilschaften.

Im Zentrum steht Oberinspektor Frank Stave, der gerade nur knapp einen Mordanschlag überlebt hat. Das bewog ihn zwar, der Mordkommission den Rücken zu kehren, doch in einer Stadt wie Hamburg, zu einer Zeit wie dieser, kann man als Polizist den Toten nirgends ausweichen.

Die Beschreibung der Zeit und die Arbeit der Polizei; historische Ereignisse und Personen treffen auf Erdachtes: alles vermengt sich mehr und mehr zu einem überzeugenden Roman. Rademacher lässt die Welt des Jahrs 1948 auferstehen und lässt seine Figuren darin agieren, ganz so wie es damals gewesen wäre.

Zum einen ist dieses Buch ein weiterer, ein ziemlich großer Puzzlestein zum Verständnis der Zustände während der Nachkriegsjahre: Mangel, Hoffnungslosigkeit haben gleich viel Bedeutung wie Hoffnung und Aussicht auf den Aufschwung – ein wenig besser lässt sich diese Zeit nach dem Lesen von „Der Fälscher“ verstehen.

Zum anderen handelt es von bis heute noch immer nicht bewältigten Problemen: da geht es um das, was die Nazis ihren Opfern stahlen, das diesen, wenn überhaupt, nur zu geringen Teilen zurück gegeben wurde. Und es geht um die vielen Nazis (NS-Funktionäre, SS-Mörder, etc.) die in den Nachkriegsjahren mit Duldung der Besatzungsmächte und der Behörden ihre Weste rein waschen und unbehelligt, oft wieder in einflussreichen Positionen, leben konnten.

Die Krimihandlung ist zu Beginn ein wenig unübersichtlich. Ein paar mittelmäßige Kunstwerke, ein paar Blüten, eine unidentifizierte Leiche. In einer Stadt, in der die Folgen des Krieges noch so unübersehbar sind, wahrscheinlich keine besonders herausragenden Ereignisse. Gemeinsam mit Oberinspektor Stave gewinnt man als Leserin immer besseren Überblick und das was am Anfang verwirrend schien, wird am Ende logisch.

Nach beschaulichem Start wird daraus eine spannende Story, die vor allem durch die Beschreibung der Zeit und der Lebensumstände tief beeindruckt.

Historischer Hintergrund:




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