Buchbesprechung/Rezension:

Philip Roth: Die Prager Orgie
Ein Epilog

verfasst am 14.02.2014 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Roth, Philip
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Die Prager OrgieIm Jahr 1985 konnte man sich die Umwälzungen der Jahre 1989,1990, das Ende des Kommunismus in Osteuropa, kaum vorstellen. Ein Roman, den Philip Roth in diesem Jahr über die Schriftsteller in der Tschechoslowakei schrieb, musste beinahe zwangsläufig davon ausgehen, dass es dort Gedankenfreiheit nie wieder geben würde. Jedenfalls nicht in der Spanne eines Lebensalters.

Roth’s alter ego in diesem Buch trägt den Namen Nathan Zuckerman, natürlich amerikanischer Schriftsteller jüdischer Herkunft.

In News York sucht ihn der aus der Tschechslowakei geflüchtete Autor Sisovsky auf. Dessen Hintergedanke: Zuckerman könnte doch in Prag die Manuskripte von Sisovsky’s ermordetem Vater ausfindig machen und ausser Landes bringen.

Denn diese Manuskripte, sie wären jedenfalls auf eine Stufe mit dem Werk Kafkas zu stellen. Der Haken dabei ist, dass die Manuskripte zur Zeit in den Händen von Sisovsky’s Frau sind, Olga, die ihrem Mann de Schriftstücke wohl niemals aushändigen würde. Ihm, Zuckerman, dem weltberühmten Schriftsteller aus dem Westen, hingegen mit Sicherheit.

Im Jahr 1976 – inmitten des dunklen Breschnew-Zeitalters – reist Zuckerman nach Prag, mitten hinein in eine vollkommen surreale Welt. Weil es dort keine Aussicht gibt, der Sowjet-Herrschaft zu entrinnen (ausser durch Tod oder Emigration), dreht sich in den Prager Zirkeln das Leben mangels anderer Opionen vorrangig um dekadente Ausschweifungen. Alkohol und Sex sind dort die verbliebenen Alternativen zu Kreativität und Freiheit.

Zuckermann taucht ein in die Welt der Schriftsteller, die das kommunistische Regime von der Öffentlichkeit ausgeschlossen hat, sobald sie auch nur minimal von der vorgegeben Linie abweichen. In dieser für ihn, dem Amerikaner, gänzlich unbekannten und unverständlichen Welt erfährt und erlebt er bald, was es bedeutet in einer beständigen Atmosphäre der Angst  zu leben und wie man sich doch mit den Umständen ein wenig arrangieren kann:

– Kurios: wie Bolotka, der frühere Theaterdirektor, am Ende selbst die Berichte über sich für den Geheimdienst schrieb, weil der auf ihn angesetzte Spion es einfach nicht schaffte, sinnvoll zuschreiben. Und wie diese Berichte für Furore sorgten und damit den Spion erst recht in Schwierigkeiten brachten.

– Verstörend: wie Olga sich an ihn hängt, als wäre er die Liebe ihres Lebens und wie sie dabei jede Selbstverleugung in Kauf nimmt. Wie sie es als die Chance sieht, dem Regime zu entrinnen.

– Folgerichtig: wie Zuckermans Aufenthalt von kurzer Dauer ist. Wie sein Versuch, das Manuskript ausser Landes zu bringen, in einer behördlich durchgeführten Ausser-Landes-Bringung seiner selbst mündet und er dabei noch unbeschadet davon kommt. Knapp zwei Tage nur dauert sein Besuch in Prag, bevor er, eskortiert vom Kulturminister persönlich, in ein Flugzeug nach Amerika verfrachtet wird.

Mein Lieblingszitat aus diesem Buch:  [..] Polizisten sind wie Literaturkritiker – von dem wenigen, was sie sehen, verstehen sie das meiste sowieso falsch.“

Ein Satz, so wie das ganze, schmale Buch: prägnant und einprägsam und (be)merkenswert.




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