Loriot: Der ganz offene Brief
115 ungewöhnliche Mitteilungen
Autorin/Autor: Loriot
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Es ist einfach nur großartig: ich konnte es ganz genau vor mir sehen und ebenso genau hören, wie Viktor von Bülow (Loriot) in der Ecke seines Sofas sitzt, ein Arm auf die hohe Lehne gestützt und wie er – mit einem leisen, ironischen Lächeln – seine Briefe vorliest; und uns auch gleich – falls vorhanden – ein paar der Reaktionen seiner damaligen Leserinnen dazu erzählt. Zwischendurch blickt er immer wieder über den Rand seiner Lesebrille zu uns herüber und man sieht den Schalk in seinen Augen.
Eines jener Bücher, das man entweder alleine, ohne Publikum liest, oder im Kreis von Gleichgesinnten; keinesfalls öffentlich, von unwissenden Menschen umgeben. Diese nämlich würden wegen des andauernden und unvermittelten Auflachens der Leserin/des Lesers entweder sich belästigt fühlen oder überhaupt gleich Hilfe holen.
Dabei benötigt man gar keine Hilfeleistung, denn Lachen ist ja gesund und davon bekommt man eine ganz große Dosis mit diesem Buch geliefert.
In seiner Anfangszeit, Ende der 1960er, Anfang der 1960er-Jahre, schrieb Loriot in der Wochenzeitschrift „Quick“ Leserbriefe. Im Rahmen einer eigenen Kolumne, eben „Der ganz offene Brief“, schrieb er mehr oder weniger ernsthaft, spöttisch, immer scharfzüngig über das Tagesgeschehen. Von der Politik bis zum Alltäglichen – nichts ist sicher vor Loriots spitzer Feder. Damals war er noch nicht der „Doyen“ der deutschen Satiriker; dass er es einst werden würde, das zeigen seine brillianten Formulierungen, nach ein paar sematischen Pirouetten immer ganz genau auf den Punkt gebracht.
Neben der grandiosen Unterhaltung liefert dieses Buch dabei auch einen historischen Abriss darüber, was die Menschen damals bewegte und wie der Alltag aussah. Bei Bedarf sind, auch noch Informationen zu Personen und/oder Ereignissen hinzugefügt – denn vieles von dem, worauf Loriot Bezug nimmt, uns kaum (mehr) bekannt ist.
Eine tolle Idee, diese „Briefe“, die in einem Zeitraum von 5 Jahren entstanden (1957 – 1961), in Buchform zu veröffentlichen. Und es gibt – natürlich – die dazu passenden Karikaturen von Loriot.
Am Ende finden sich dann – quasi als späte Rache Loriots an den Machern der in den 1990er-Jahren eingestellten „Quick“ – einige bislang nicht veröffentlichte „Leserbriefe“.
Angeschlossen sind auch einige der Reaktionen der damaligen Leserinnen. Auch das ist hoch interessant, sieht man daran doch, worüber sich damals die Menschen noch aufregen konnten und wegen welcher satirischen Beiträge sie mit dem baldigen Untergang des Abendlandes rechneten. Meistens Dinge, die wir heute nicht einmals mehr sonderlich bemerken würden (aber so etwas werden die Menschen in 50 Jahren sicherlich auch über unser Heute sagen).
Ein Muss für Fans von Loriot, intelligentem Humor und Spaß an der Freude; aber was rede ich: in Wahrheit fällt mir niemand ein die/der dieses Buch nicht lesen sollte!
Und nun, als Zugabe: etwas komplett anderes :-)