Buchbesprechung/Rezension:

Don Winslow: Missing. New York

verfasst am 01.10.2014 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Winslow, Don
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Aus vielen Krimis kennen wir das: mit jeder Stunde, die ein Entführungsopfer verschwunden bleibt, sinkt die Chance, es noch lebend zu finden. Bei Kindern sinkt die Wahrscheinlichkeit noch schneller und schwindet die Hoffnung mit jeder Minute. Als Frank Decker beim Haus von Cheryl Hansen eintrifft ist schon eine Stunde vergangen, seit die 7-jährige Hailey Hansen verschwunden ist.

Lincoln ist eine Kleinstadt in Nebraska. Frank ist dort einer der leitenden Polizisten und für den Entführungfall zuständig. Während er einerseits alles das in Gang bringt, was lehrbuchmäßig zu tun ist, die ganze Routine, mit der die Polizei und das FBI bei derartigen Verbrechen vorgehen, nimmt er die Angelegenheit persönlich. Sehr persönlich, denn es lässt sich mit seinem Weltbild absolut nicht vereinbaren, dass ein Kind das Opfer eines Verbrechens wird.

Stunde um Stunde vergeht, die ersten Verdächtigen scheiden aus und niemand hat etwas gesehen, niemand hat etwas gehört. Kaum zu glauben in dieser beschaulichen Stadt.

Als sich trotz aller Bemühungen auch nach Wochen keine Spur von dem Mädchen findet, kündigt Frank Decker kurzerhand seinen Job bei der Polizei und macht die Suche nach Hailey zu seinem Lebensinhalt; denn er hat Haileys Mutter versprochen, nicht aufzugeben. Viele Hinweise führen ihn durch das ganze Land, von einem Bundesstaat zu anderen, aber zu keinen realen Ergebnissen.

Erst der Anruf einer Frau, die sich nach vielen Monaten noch an eine seltsame Begegnung mit einem kleinen Mädchen erinnern kann, bringt wieder Schwung in Deckers Ermittlungen. Neue Hinweise führen ihn nach New York City.

Ein Don Winslow-Krimi, der stilistisch völlig anders ist, als zB. die Kalifornien-Romane oder als „Tage der Toten“. In „Missing.New York“ sind es nicht Atemlosigkeit und stakkatoartige Sätze, sondern diesmal ist es eine sorgfältig erzählte und detailreich beschriebene Story über Verantwortungsgefühl und Hartnäckigkeit.

Frank Decker ist kein obercooler Actionheld sondern ein Mann, der sich in einen Fall so richtig verbeißen kann und der nicht aufhört nachzuforschen, bis er Gewissheit hat. Ein Cop mit Gewissen, keinesfalls – und das finde ich sehr positiv – ein kaputter Typ; abgesehen von ein paar Eigenheiten ist Decker mehr oder weniger ein Durchschnittsamerikaner.

Zu Beginn fehlt mir ein wenig der Schwung in der Handlung, denn es dauert bis zur zweiten Hälfte des Romanes, bis Bewegung in die Ermittlung kommt – und jetzt wird auch Decker etwas lockerer und entwickelt sich zu einem typischen Winslow-Hauptdarsteller: furchtlos, cool und nicht zu bremsen. Und ein wenig der Typ einsamer Cowboy.

Angekommen in New York wird es für Decker, und damit auch für uns LeserInnen, zusehends rasanter. Jetzt kommen Tempo und Spannung ins Spiel. Denn „Missing.New York“ ist ein Krimi über die Welt hinter den Berichten über Menschenhandel und Kindesmißbrauch, die wir beinahe täglich in den Medien lesen müssen. Es dauert nicht lange, bis Decker beginnt, einigen Leuten ordentlich auf die Zehen zu steigen; und sich damit nicht nur ein paar Feinde macht, sondern sich auch gleich mit einer Menge Leute aus dem New Yorker Establishment anlegt.

Am Ende: ein Spitzen-Krimi!
Und: von diesem Frank Decker werden wir sicher noch mehr lesen…

PS: nach dem beinahe unterirdischen Buch „Vergeltung„, das im vergangenen Jahr erschienen ist, hatte ich die Befürchtung, dass mit Don Winslow einer meiner Lieblings-Thriller-Autoren unter die Schundroman-Schreiberlinge gegangen ist. Nach „Missing.New York“ bin ich wieder beruhigt und weiterhin ein großer Fan.




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