Buchbesprechung/Rezension:

Anna Quindlen: Ein Jahr auf dem Land

verfasst am 07.03.2015 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Quindlen, Anna
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Vorab: ich habe dieses Buch mit größtem Vergnügen gelesen.

Die 60jährige Rebecca Winter steht von einem Neuanfang. Selbst als ehemals berühmte Fotografin wird sie plötzlich zur unsichtbaren Person. Wo sind die Freunde, die aufdringlichen Adabeis, die sich an ihre Kittelfalten geheftet haben, als sie noch in der Öffentlichkeit stand und eine wohlbestallte Künstlerin, mit großartigen Honoraren war? Kaum etwas davon ist übrig geblieben. Unter den Habseligkeiten des vergangenen Ruhms befindet sich ihre New Yorker Eigentumswohnung. Aus finanzieller Not heraus – das seinerzeit verdiente Geld ist nahezu weg – vermietet sie die Wohnung für ein Jahr.

Rebecca sucht sich eine Bleibe auf dem Lande, nicht allzu weit von New York. Sie findet über Internet ein Häuschen, das mit den schönsten Worten und Bildern angepriesen wird. Sie mietet es, und es kommt wie es oft kommt – das Häuschen liegt wohl in einer wunderbaren Landschaft, ist aber sonst eine Beinahe-Katastrophe.

Am liebsten würde sie wieder umkehren, aber wohin? Appartement vermietet, vom Exmann ist keine finanzielle Unterstützung zu erwarten, Sohn Ben erwartet auch immer wieder „Taschengeld“. Also bleiben uns sich arrangieren.

Ein rumorender Waschbär auf dem Dachboden des Häuschens führt sie mit dem Dachdecker Jim zusammen. Da dürfte es wohl von Anfang an zwischen den Beiden ein bisschen geknistert haben. Jim im jugendlichen Alter von 44 Jahren hat sich über kurz oder lang in Rebecca verliebt.

Rebecca fängt an, sich in Ihrer Umgebung umzuschauen. Sie findet wunderbare Fotomotive, die teilweise über die Qualität ihrer früheren Arbeiten hinausgehen. Sie hat sich mit der Besitzerin des Cafes im Dorf angefreundet, die eine große Bewunderin von Rebecca Winter ist. Und dann läuft ihr auch noch ein Hund zu, an den sie sich langsam gewöhnt, und der ihr treuer Begleiter wird.

Mit Jim, dem Dachdecker, der auch für eine Naturschutzorganisation arbeitet, geht sie zu Vogelbeobachtungen auf einen Hochsitz. Dafür bekommt sie zumindest etwas Geld. Nicht nur, dass sie ihren Sohn unterstützt, hat sie eine demenzkranke Mutter, für die sie den Aufenthalt in einem Heim bezahlt.

Die Geldsorgen plagen sie ständig, uns sie ist fast eine lebende Rechenmaschine, in ihrem Kopf rechnet sie, addiert, subtrahiert, das Geld wird aber nicht mehr. Die wunderbare Natur ist ihr viel Trost und es gelingt ihr eine tolle Fotoserie, die sie in der Öffentlichkeit wieder als sichtbare Person erscheinen lässt.

Ihre Skrupel, eine Beziehung mit einem 16 Jahre jüngeren Mann einzugehen, wirft sie über Bord. Ihren Lebensmittelpunkt in New York zu sehen, hat für Rebecca auch keine Priorität mehr.

Anna Quindlen hat einen Roman geschrieben, der nicht nur eine Liebesgeschichte beinhaltet. Dieses Buch, humorvoll und ernst, zeigt auf, dass es nie zu spät ist einen neuen Anfang zu wagen. Mit der wunderbaren Schilderung der Landschaft, der aufkeimenden Liebe zwischen Rebecca und Jim (jenseits von angeblich gültigen Konventionen), ist diese Buch für mich eine Lebensgeschichte.

Selbst die, wie sich herausstellt, blauäugige Buchung des Hauses im Internet, entspricht Erfahrungen, die durchaus realistisch sind.

Für mich ganz persönlich hat dieses Buch eine besondere Bedeutung. Vor 25 Jahren, 50ig jährig, startete ich auch noch einmal durch.

Ein Jahr auf dem Lande soll aber nicht als „Frauenliteratur“ gelten. Es ist für alle, die durch Höhen und Tiefen des Lebens gehen, und schlussendlich einen neuen Anfang wagen.




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