Buchbesprechung/Rezension:

Ta-Nehisi Coates: We were eight years in power
Eine amerikanische Tragödie

We were eight years in power
verfasst am 22.06.2018 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Coates, Ta-Nehisi
Genre:
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Was haben Barack und Michelle Obama ihrem eigenen Land gebracht und hinterlassen? Und welchen Einfluss hatten und haben sie auf den Rest der Welt? Zwei Fragen auf die es vollkommen gegensätzliche Antworten geben muss. Wenn Ta-Nehisi Coates in „We were eight years in power“ auf die Präsidentschaft des ersten afro-amerikanischen Präsidenten zurück blickt, dann sieht er etwas anderes als wir hier in Europa, die in Obama den Botschafter eines weltoffenen, nach vorne blickenden Landes sehen. Ta-Nehisi Coates sieht in den acht Obama-Jahren den kurzen Ausblick auf eine bessere Welt, die aus den dunklen Jahren davor und danach heraus ragen.

Dieses ist kein Roman, keine zeitgeschichtliche Aufarbeitung sondern eine Zusammenstellung von acht Essays, veröffentlicht in jeweils einem Jahr der Obama-Regierung. Ta-Nehisi Coates stellt jedem der Essays seine Erkenntnisse voran, die er seither gewonnen hat, korrigiert und ergänzt seine damalige Einschätzung, wo es wegen der zwischenzeitlichen Entwicklungen erforderlich ist; und erklärt für die Nicht-Amerikaner das Umfeld, in dem sie entstanden.

Diese Essays befassen sind dabei nicht nur mit der Obama-Zeit und mit den Obamas, sondern zum überwiegenden Teil mit der Geschichte des Rassismus in den USA und dem bis heute in weiten Bevölkerungsschichten ungebrochenen Herrschaftsanspruch der Weißen über die Schwarzen (und andere Gruppen).

Aus seinen Analysen ergibt sich ein Bild, das mir in seinem Umfang und seiner Aktualität bisher so nicht bewusst war. Ja, wir hören regelmäßig wieder davon, dass Schwarze von weißen Cops niedergeschossen werden, wir lesen davon, dass es einem Weißen von den Gerichten viel zu oft zugestanden wird, einen Schwarzen aus Notwehr umgebracht zu haben, umgekehrt dies jedoch so gut wie nie passiert, wir haben den offenen Rassismus der Obama-Gegner miterlebt, die einem Mann wegen seiner Herkunft das Recht absprechen wollten, Präsident zu sein.

Nun lese ich aber, dass es in der jahrhundertelangen Geschichte der Sklaverei und des bis heute ungebrochenen Rassismus nicht nur um die hierzulande bekannten Auswüchse wie Ku-Klux-Klan oder Neonazis geht, sondern dass es diesen Rassismus bis in die hinteresten Winkel der amerikanischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gibt. Es gibt ihn und niemand (jedenfalls aus der weißen Bevölkerungsgruppe) findet etwas dabei oder tut etwas dagegen.

Ganz im Gegenteil: alleine die Existenz eines dunkelhäutigen Präsidenten hat diejenigen bestärkt und gefördert, die sich als Weiße als überlegene Rasse fühlen. Die berüchtigten Radiosendungen, die mit Rassismus und faschistoiden Ansichten immer größere Anhängerschaft anziehen, die Politiker aus der Republikanischen Partei, in den Bundensstaaten und in Washington, die von Anfang an gegen Obama agitierten, nur wegen seiner Hautfarbe. Die Waffenfanatiker, die trotz immer öfter stattfindender Massaker, sich immer mehr bewaffnen, um ihre kleine, weiße Welt gegen vermeintliche Feinde (Schwarze, Juden, de Regierung, die Außerirdischen  …) zu verteidigen.

Eine Entwicklung, die zu einem Präsidenten Trump geführt hat, der offen als Rassist (und auch sonst noch alles mögliche, was einen widerlichen Typen ausmacht) eine Wahl gewonnen hat. Man könnte also behaupten, dass erste ein Präsident Obama eine Donald Trump möglich machte?  Ja auch, doch so einfach ist das nicht : denn das, was Trump ermöglicht, war immer schon da, jedenfalls so lange, wie es die USA gibt.

Viele der Verweise und der im Buch beschriebenen Persönlichkeiten waren mir zuvor unbekannt und eine tiefer gehende Recherche über alle diese neuen Informationen würde wohl Wochen und Monate erfordern. Doch schon das, was ich mit meinem Wissen einordnen kann ist ausreichend, um mit jeder Seite noch mehr erschüttert zu sein.

Ich habe in den vergangenen Wochen um Monaten ein ganze Reihe von Büchern über den Zustand der USA gelesen, denn mit dem Präsidenten Trump offenbart sich viel, was zuvor nur sehr gefiltert über den Atlantik zu uns kam. Ich habe über die Gesellschaft von heute gelesen, über den Rassismus, über die Unterdrückung und Beinahe-Ausrottung der Indianer. Vieles, was den Alltag der Amerikaner ausmacht und was ihr Leben bestimmt, wurde in der Außenwirkung lange Zeit von dem überdeckt, was an wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen, an künstlerischen und intellektuellen Leistungen bis zu uns kam. Erst die katastrophalen Präsidenten Bush jr und nun Trump brachten und bringen uns durch ihr ewig gestriges und borniertes Auftreten dazu, einen genaueren Blick hinter den Vorhang werfen.

„We were eight years in power“ ist kein Buch über eine Zeit, in der Afro-Amerikaner an der Macht gewesen wären (denn das ist nie geschehen) sondern über jene Zeit, in der sie hofften, uraltes Unrecht könnte überwunden werden. Doch die alten weißen Männer haben zurück geschlagen. Die Republikanische Partei, die Rassisten und Extremisten am rechten Rand haben das Land dazu getrieben, einen der ihren, einen notorischen Lügner und überheblichen Egomanen, ins Weisse Haus zu wählen. Und viele Millionen Amerikaner haben sich willig und hirnlos und begeistert dorthin treiben lassen.

PS: Hochmut ist nicht angebracht. In Österreich wurden die Nationalisten, die sich so lieb als „Soziale Heimatpartei“ bezeichnen, von fast einen Viertel der Wähler in die Regierung gehievt, in Deutschland will sich die CSU als die bessere AFD profilieren, Orban untergräbt die Demokratie, Europa wird von Rechtsextremen und Populisten vor sich her getrieben. Überall auf der Welt sind die Wähler dabei, die Demokratie mutwillig zu beschädigen und freiwillig in die Hände der Feinde der Demokratie zu geben.




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