Buchbesprechung/Rezension:

Hannes Leidinger, Verena Moritz, Berndt Schippler: Schwarzbuch der Habsburger
Die unrühmliche Geschichte eines Herrscherhauses

Schwarzbuch der Habsburger
verfasst am 14.07.2018 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Leidinger, Hannes
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Kontroversen vorprogrammiert: das wird wohl die häufigste Meldung gewesen sein, als dieses Buch im Jahr 2003 erschien. Denn hier geht es um nichts weniger, als den Mythos Habsburgs nachhaltig zurecht zu rücken. Zu zerstören mag ich nicht schreiben, denn im Titel steht ja „Schwarzbuch“; folgerichtig findet man überwiegend die negativen, die stillschweigend verdrängten Informationen aus den Jahrhunderten, in denen die Habsburger die Geschichte Europas (mit) bestimmten.

Das ist zugleich wichtig – denn die gute alte Zeit gab es niemals und dass das so war, liegt natürlich in der Veranwortung der damals herrschenden – wie auch unvollständig. Denn zusammengetragen wurden tatsächlich nur alle Daten und Ereignisse, mit denen man belegen kann, dass die Habsburger eine gewissenlose und degenerierte Familie waren. Das ist historische Realität aber auch eine sehr bewusste und einseitige Darstellung.

Denn ebenso bewusst wird ausgespart, was an bleibenden Errungenschaften übrig blieb und nur sehr am Rande wird erwähnt, dass das Verhalten der Habsburger durchaus dem der anderen Herrscherhäuser der jeweiligen Zeit entsprach. Und es ist unzweifelhaft, dass Europa bis vor nicht allzu langer Zeit von wenigen Familien dominiert wurde, die allesamt eigene Interessen vor das Wohl der Menschen setzten und für die Krieg und Unterdrückung das geeignete Mittel zum Erreichen der politischen und wirtschaftlichen Ziele war. Es wurde nicht diskutiert aber schnell geköpft.

Alle die Säulenheiligen der Österreichischen Geschichte, von Maximilian über Maria Theresia, Josef II bis zu Franz Josef geraten ins Visier der Autoren. Von ihnen allen bleibt keine positive Bilanz, sie alle – und viele mehr – sind „zweifelhafte Persönlichkeiten“, so wie alle im Buch detailliert beschriebene Habsburger bezeichnet werden.

Was man aus diesem Buch sehr deutlich erfahren kann ist, dass die Habsbuger seit Beginn des 19. Jahrhunderts den Anschluss an die sich wandelnden Zeiten verloren. Selbst noch im eigenen Mythos gefangen und in ihrer Selbsteinschätzung als die christlichen Fackelträger, zog die Welt schon mit immer rasanterem Tempo weiter.

Regierende Monarchen wie die Habsburger oder die Zaren im Kreml, die sich dem Fotschritt nicht stellten, stellten damit unweigerlich die Weichen in Richtung eigenem Untergang. Andere europäische Königshäuser gingen – mehr oder weniger – mit der Zeit und konnten damit die Zeiten, bis heute, überdauern.

Die Aufarbeitung ist wichtig.
Die Interpretation der Fakten ebenfalls.

Doch gerade die Interpretation durch die Autorinnen ist nach meinem Geschmack stellenweise zu einseitig. Denn vor allem dann, wenn es um die Beweggründe geht – um das, was die einzelnen Herrscher antrieb, dies oder jenes in die Wege zu leiten oder zuzulassen – wird konsequent und praktisch immer ein negativer Aspekt unterstellt. Über die Jahrhunderte, so der damit enstehende Eindruck, hätte es so gut wie nie von den Habsburgern eingeleitete Entwicklungen gegeben, die aus dem Willen nach Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, der Lebensbedingungen der „Untertanen“ entstanden; und wenn es doch einen positiven Effekt hatte, dann immer nur aus einer glücklichen, aber nicht vorgesehenen Fügung.

Zusammengefasst:

Ein wichtiges Buch, das zum Verständnis der Geschichte Österreichs (und Europas) enorm viel beiträgt. Die Vervollständigung (und Zurechtrückung) des verklärten Bildes, das Sisi-Filme und Franz-Josef Nostalige von den Habsburgern zeichnen.




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