Bob Woodward: Furcht
Trump im Weißen Haus
Autorin/Autor: Woodward, Bob
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Ich weiß ja nicht, ob es jemals einen US-Präsidenten gegeben hat, über den schon in den ersten Monaten seiner Präsidentschaft so viele Bücher erschienen sind. Bücher über Donald Trump zu lesen ist dabei auch eine Mischung aus Masochismus und Sensationsgier. Während die täglichen Ausfälle dieses Lügenbarons Comedy-Qualität hätten, kämen sie nicht aus dem Mund eines Mannes mit so viel Einfluss, würde ich am liebsten nur diese eine Nachricht hören: dass man den Kerl aus dem Amt gejagt hat – aber wer folgt ihm dann nach?
Jedenfalls kann man bei Bob Woodward darauf vertrauen, dass ein Buch aus seiner Feder nicht den Boulevard bedient, sondern nur belastbare Fakten liefert.
Viele der Ergebnisse seiner Arbeit, der übelsten Tweets und der ekelhaftesten verbalen Ausfälle Trumsp sind hinlänglich bekannt. Wobei natürlich lange nicht alles den Weg über den Atlantik zu uns gefunden hat.
Bis auf ein paar wenige Erkenntnisse liefert Woodward nichts Neues. Er liefert jedoch die Hintergrundstorys zu dem, was wir hören und lesen.
Die Mannschaft rund um diesen Präsidenten ist, so wie es Woodwards Quellen berichten, eine Mischung aus einigen, die noch irgendwie Ordnung in die Dinge bringen möchten und einigen, die ihre persönlichen Meinungen und Interessen umgesetzt sehen wollen. Mit denen hat Trump gemeinsam, dass ihm seine eigentliche Befindlichkeit über alles geht. Trump und viele in seinem nächsten Umfeld arbeiten somit nicht daran, etwas für das Land zu tun, sondern für sich selbst.
Der alte, weiße (bzw. solariumgefärbte) Mann hat sich zu allem möglichen irgendwann eine sehr persönliche Meinung gebildet und es ist praktisch unmöglich, ihn mit Fakten und Realtitäten dazu zu bringen, sich auch nur andere Positionen anzuhören. Was auch damit zusammenhängt, dass alles, was länger als ein paar Minuten dauert und mehr als zwei Absätze hat, nicht mehr den Weg in das Gehirn des Mannes finden wird; das übersteigt bereits seinen Aufmerksamkeitsspanne.
Bemerkenswert sachlich (ich könnte bei diesem Thema nur mit Mühe sachlich bleiben) schildert Woodward die Tagesabläufe im Weissen Haus. Er gibt dabei auch den seltenen Momenten Raum, in denen Trump auf seine Berater und auf Fachleute hört. Momente, die dann aber Minuten später bereits vorbei und weggewischt sind, wenn er sich im stillen Kämmerlein vielleicht Fox-News angesehen oder in Folge von Einflüsterungen eine völlig gegensätzliche Meinung gebildet hat und diese hinaus twittert.
Trump verhält sich dabei oft so wie die Verschwörungstheorie-Gläubigen: egal, ob 100 Fachleute etwas bewiesen haben; sobald auch nur ein einziger daher kommt und das Gegenteil behauptet (und das mit dem Argument „Die müssen das ja sagen“ versieht), wird dem geglaubt. Trump ist also in seiner unflexiblen Denkweise und in seiner Ahnungslosigkeit (in Verbindung mit der Weigerung, etwas zu lernen) durchaus ein Opfer für moderne Rasputins. Den rechtsextremen Bannon hat er zwar gefeuert, aber wer gerade die Rolle des Einflüsterers übernommen hat – und was dessen Motive sind – ist von außen nur schwer festzustellen.
Das Problem für Bob Woodward beim Schreiben dieses Buches: er kann genau einen einzigen Vorgang zu beschreiben, der sich täglich mehrfach wiederholt. Die um Trump herum handelnden Personen wechseln dabei zwar, der Ablauf ist im Grunde aber wieder und wieder der gleiche. Wenn sich also nichts bewegt, ist es auch schwer, ein interessantes Buch darüber zu schreiben.
Daran scheitert Woodward: Spannung zu schaffen. Kennt man einen Vorgang, kennt man alle; und damit wird das Buch mit den Seiten leider etwas langweilig.
Und überdies haben wir seit dem Erscheinen des Buches noch jede Menge neue verstörende Szenen gesehen – verlorene Wahlen, Verbannung von Journalisten, Behauptung, es gäbe eine Invasion der USA durch ein paar hundert Flüchtllingen, etc. Woodwards Aufarbeitung wird laufend von den aktuellen Ereignissen überrollt.
Bleibt zu hoffen, dass dieses unwirkliche Schauspiel im Jänner 2019 mit der Angelobung eines anderen Präsidenten endet. Und dass bis dahin nicht allzu viel passiert ist, dass sich nicht mehr umkehren lässt.