Ernest Nybørg: Lena Halberg - der Cellist
Autorin/Autor: Nybørg, Ernest
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Für mich ist das, was von einem weltweiten Journalisten-Netzwerk an Geldwäsche und Steuerbetrug aufgedeckt wurde und als „Panama-Papers“ bekannt wurde, so etwas wie ein vergessener Skandal. Nur hin und wieder liest man etwas , es wurde jemand angeklagt, verurteilt, jemand trat zurück.
Zeit wurde es also, dass die „Panama-Papers“ zum Thema eines Thrillers werden!
Ernest Nybørg lässt in diesem Thriller die Journalistin Lena Halberg zum vierten Mal in einem Umfeld von Macht, Geld, Gier und Korruption ermitteln; diesmal in einem neuen Fall, der damit beginnt, dass der Direktor einer Bank in Estland im Rahmen einer Veranstaltung in Wien Selbstmord begangnen haben soll. Rein zufällig stoßt Lena Halberg darauf, doch die Umstände lassen sie nicht an diese offizielle Version vom Selbstmord glauben.
Sie kann ihren neuen Arbeitgeber, die Niederlassung der RAI in Bozen, davon überzeugen, dass sie ihre Spürnase nicht trügt und dass es hier um weitaus mehr geht, als um den Tod eines Bankers. Lena bekommt die Rückendeckung ihres Chefs und sie stürzt sich mit vollem Risiko in einen Fall, der tatsächlich weit über das hinaus geht, was bisher in den Medien darüber berichtet wurde.
Die „Panama-Papers“ spielen in diesem Roman, das stellt sich bald heraus, keine direkte Rolle, außer, dass Lena am Beginn sich mit Hilfe der Dokumente ein paar Informationen beschafft. Aber es geht um das, was in den Panama-Papers tatsächlich aufgedeckt wurde: was Organisationen und in ihrem Bereich mächtige Leute unternehmen, um Macht und Einfluß zu vermehren – an allen rechtsstaatlichen Grundsätzen vorbei, zum Schaden von uns allen.
Beispielhaft dafür ist es in diesem Roman der Russe Kurkov, dem es mit Hilfe eines korrupten US-Politikers gelingt, Schuldverschreibungen eines Südamerikanischen Staates billig aufzukaufen. Im Sinn hat er dabei nicht nur, viel Geld damit zu verdienen, sondern vor allem, sich Einfluss in diesem Staat zu sichern. Kurkov residiert in der Schweiz, gibt sich als reicher Kunstmäzen, lässt derweilen seine Handlanger überall auf der Welt, wo es erforderlich ist, erpressen, bedrohen, morden.
Eine gefährliche Angelegenheit für Lena Halberg.
Es ist eine reichlich vielschichtige Story, die Ernest Nybørg in diesem Buch ausbreitet, vieles davon lässt sich lange nicht in Zusammenhang zueinander bringen. Neben einigen spannenden und in ihrer Realitätsnähe beunruhigenden Ereignissen, gibt es auch viele – etwa zu viele für meinen Geschmack – Nebenschauplätze.
Um die vielen Knoten, die sich im Laufe der Geschichte bilden, wieder zu lösen, gibt es dann ein paar unvorhersehbare Wendungen (aus der Rubrik „Zufall“). Weil sich somit die Handlung in wichtigen Abschnitten also oft nicht fortlaufend entwickelt, sondern wie zufällig die passenden Dinge geschehen, kommt leider keine richtige Spannung auf. Weil Protagonisten oftmals etwas befremdlich agieren – wohl nur, damit sich daraus die erforderliche Wendungen in der Handlung ergeben können – gibt es tatsächlich ein paar Ecken in der Story.
Zusammengefasst: Ein interessanter und hoch aktueller Ansatz, der aber am Ende nicht ganz das halten kann, was der Auftakt verspricht.
Nachdem ich eben von Ernest Nyborg „Martensen und das wehrlose Wasser“ gelesen habe und den Krimi für gut gefunden habe, werde ich Nyborgs „Lena Halberg“-Reihe lesen.