Dave Eggers: Der größte Kapitän aller Zeiten
Autorin/Autor: Eggers, Dave
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Nie würde so etwas geschehen. Nie würde man zulassen, dass einem jemand in den Zähnen herum bohrt, der nie Medizin studiert hat; nie würde man einem notorischen Bankräuber den Schlüssel zum Safe anvertrauen; nie und nimmer würde man einen zum Kapitän eines Kreufahrtschiffes machen, der nicht einmal ein Ruderboot steuern kann.
Niemals würde man … oder doch, ja: einen Dummkopf, Rassisten und Betrüger würde man schon zum US-Präsidenten wählen, da geht es ja um nichts …
So richtig offensichtlich wird die Absurdität der Situation, wenn man das Ganze in eine Szenerie verlegt, die uns allen geläufig ist. Also, zum Beispiel, in eine Szenerie, in der jemand Kapitän dieses riesigen Schiffes wird, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wie man so einen Kasten steuert. Aber weil es eben viele Leute gibt, die meinen, dass es ganz toll ist, nur weil man etwas völlig anders macht, als es bisher gelaufen ist, die meinen, dass einer ein Meister seinen Faches ist, nur weil er herumbrüllt, dass er es besser kann – eben deshalb kann in Dave Eggers‘ Satire einer Kapitän werden, der einem Typen namens Donald Trump verdächtig ähnlich ist.
Was dann auf dem Schiff geschieht, das ist das Spiegelbild der tagtäglichen Lage im Weissen Haus, verlegt in diese alternative Szenerie. Sehr vieles geschieht dort, vielleicht ein wenig überzeichnet, was die Welt in den letzten Jahren mit und ausgehend von Trump erleben musste und an das man sich, in einer seltsamen Form von Apathie, fast schon gewöhnt hat.
Wenn der Kapitän in gar nicht stiller Bewunderung die Kapitäne diverser Piratenschiffe anhimmelt, dann erkennt man in diesen anderen Putin und Xi Jinping und in dem rundlichen Typen erkennt man ganz eindeutig Kim Jong-un. Wenn der Kapitän gar nicht heimlich seine eigene Tochter in leicht befremdlicher Weise bewundert, die ihrerseits immer eine menschenähnliche Puppe herumschleppt, dass sieht man Ivanka Trump samt Jared Kushner vor sich und die unter Trump ungeniert installierte Vetternwirtschaft. Wenn alle, die Fachkenntnisse haben, einfach über Bord geworfen werden, dann ist das so, wie die „Kabinettspolitik“ Trumps. Und wenn der Kapitän immer auf diese Stimme aus dem Lüftungsschacht hört, dann ist es genau so wie bei dem gegenwärtigen US-Präsidenten, der auf Einflüsterer und bigotte Prediger hört, statt sich mit Fakten zu befassen.
Auch die Tweets kommen vor, hier als unglaublich witzige und treffende Kritzeleien auf dem Schwarzen Brett des Schiffes.
Man amüsiert sich köstlich, wenn man „Der größte Kapitän aller Zeiten“ liest.
Wäre die Welt nicht so verzahnt und würde uns in Europa der Irrwitz, der seit ein paar Jahren in den USA die Politik bestimmt, nichts angehen, dann könnte man einfach lauthals lachen, verständnislos den Kopf schütteln, sich denken, dass die Amis spinnen und zur Tagesordnung über gehen. Weil aber auf der Welt alles mit allem zusammenhängt, müssen wir im Moment darauf hoffen, dass der Spuk im November 2020 (die nächste US-Präsidentenwahl) zu Ende geht; der ganzen Welt wäre geholfen.