Buchbesprechung/Rezension:

Éric Vuillard: 14. Juli

Éric Vuillard: 14. Juli
verfasst am 05.02.2021 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Vuillard, Éric
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Es ist der 14. Juli 1789, in dessen dramatische Ereignisse man hineingezogen wird. Der Tag des Sturmes auf die Bastille, der Tag, an dem die Französische Revolution ihren Anfang nahm.

Éric Vuillard ist der Chronist entscheidender Momente und der Biograf herausragender Persönlichkeiten der Geschichte. Sein Stil ist die Verbindung von Dramatik und Historie, die gleichsam actiongeladene Aufbereitung der Themen.

Mit dem Sturm auf die Bastille hat er sich ein ureigenes Thema Frankreichs vorgenommen, einen Tag, der Auswirkung bis in unsere Gegenwart hat. Dazu beginnt die Erzählung mit der Beschreibung der Ausgangslage und der Ursachen, die letztendlich zur Revolution führten. Sowohl die Maßlosigkeit des Königshauses und des Adels als auch die Ausbeutung durch die Unternehmer hatten das Land an den Rand einer Katastrophe manövriert. Während eine kleine Gruppe in Wohlstand lebte, litt sich die überwältigende Mehrheit des Volkes von einem Tag auf den nächsten. Hunger und Armut gegen Reichtum und Verschwendung. Als der Adel nicht weiter für den Aufwand des Hofes zahlen wollte, sollte das Volk noch mehr von dem Wenigen abgeben, als es ohnehin schon hatte.

Aus den Straßen und Plätzen Paris`erhob sich in den Tagen vor dem 14. Juli und in den Stunden vor dem Sturm ein immer lauterer Aufschrei, immer mehr Füße begannen sich in Richtung der Bastille zu bewegen, Barrikaden wurden errichtet, Reden wurden gehalten, aus dem Murren wurde Wut.

Vuillard gibt der Verzweiflung und dem Aufbegehren der Massen eine literarische Stimme, er wirft ein Blick hierhin, folgt dort einem der Anführer, hört den Stimmen der Menschen zu und lässt die Dramatik seiner Erzählung langsam und stetig anschwellen bis zum Moment, an dem alles begann. Einzelne Mutige ergreifen die Initiative, sie beschaffen Waffen und Pulver, sammeln Leute hinter sich, immer mehr schließen sich an, bis die Straßen der Stadt beinahe leer sind, weil sich die meisten Menschen bei der Bastille versammelt haben.

Auf der anderen Seite die Soldaten des Königs, die Offiziere, die in aller Eile die Verteidigung organisieren wollen.

Dann fallen Schüsse, werden Steine geworfen, beginnt die Schlacht.

So fesselnd und faszinierend diese Erzählung auch ist, so sehr übertreibt es Vuillard gelegentlich beim schier überquellenden Detailreichtum. Er verstrickt sich selbst so sehr in den Sog der eigenen Geschichte, dass er durch allzu viele Fakten, Personen, Annahmen, Ideen, die er in dieses schmale Buch zwängt, der Dramatik des Augenblicks und der Wucht seiner Erzählung oft die Wirkung nimmt.

Was aber zustande kommt, das ist ein Gefühl für die fiebernde Atmosphäre in der Stadt, für die Stimmung der Menschen, die nur darauf gewartet hatten, endlich gegen all dieses Unrecht aufzustehen. Man wird es beinahe spüren können, wie es war, durch die schmutzigen Straßen zu gehen, wie die Gerüche und der Gestank in die  Nase steigen, man kann den Lärm erleben und wird vom Ausbruch der so lange aufgestauten Wut mitgerissen werden.

Wie ein Tagebuch aus den Revolutionstagen. Doch trotz aller Dramatik überzeugt mich dieser Roman Vuillard weniger als alle seine bisherigen.




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