Buchbesprechung/Rezension:

Stefan Zweig: Magellan
Der Mann und seine Tat

Stefan Zweig: Magellan
verfasst am 18.02.2021 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Zweig, Stefan
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
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Auf einer Schiffsreise nach Südamerika schweiften Stefan Zweigs Gedanken ab: an die Seefahrer, die in früheren Jahrhunderten unter Lebensgefahr auf Entdeckungsreisen gingen, die in ihren hölzernen Schiffen immer den Gefahren der Natur ausgesetzt waren und von denen viele spurlos im Meer verschwanden.

Solche Gedanken beschäftigten Zweig, während er den Komfort und die Sicherheit eines Schiffes des 20. Jahrhunderts genoss. Wie er berichtet, fand er in der Schiffsbibliothek einige Bücher über die alten Seefahrer vor. Über den, der ihn am meisten beeindruckte, gab es indes nur wenig Literatur: Ferdinand Magellan, der erste, der eine die Welt umsegelte.

Wenn man Schriftsteller ist, hat man es leicht – dann füllt man diese Lücke gleich selbst. Zweig schrieb die Biografie des Ferdinand Magellan (portugiesisch: Fernão de Magalhães, spanisch: Fernando de Magallanes) in Form eines historischen Romanes über das Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen des 15. und 16. Jahrhunderts.

Bedingt durch seine Randlage im Westen Europas war Portugal eines der ersten Länder, deren Interesse sich auf die noch unbekannten Welten jenseits des Atlantiks richtete. Es waren somit zu Anfang die Portugiesen (und auch die Spanier), die es wagten, neue Routen nach Westen und Süden zu erkunden.

Magellan nahm zunächst als einfaches Besatzungsmitglied an mehreren Eroberungsexpeditionen teil. Im Jahr 1505 findet man seinen Namen erstmals als Mitglied der Flotte des Vizekönigs Francisco de Almeida, der von König Manuel I. den Auftrag zur Eroberung Indiens und zur Sicherung der Handelswege für Portugal bekommen hatte.

14 Jahre und einige weitere Reisen später erhielt Magellan selbst sein Kommando: im Auftrag des spanischen Königshauses rüstete er eine Flotte mit fünf Schiffen aus, die nach Westen segeln sollte, um einen Seeweg nach Indien zu finden. Es war ein Auftrag, den auch schon Christoph Columbus erhalten hatte, der jedoch – wie inzwischen klar war – daran gescheitert war und nur bis Amerika kam.

Hintergrund dieses Auftrages war die Zweiteilung der Welt, mit der Papst zwischen den Eroberungen von Spanien und Portugal eine Demarkationslinie gezogen hatte, die zuletzt im Vertrag von Tordesillas (1493) festgelegt worden war. Östlich des Meridians von 46° 37′ westlicher Länge wurde alles Spanien zugeschlagen, westlich davon alles Portugal. Mit einer Ausweitung des Herrschaftsbereiches nach Osten wollte Spanien seine Besitzungen vergrößern, denn der Vertrag berücksichtigte nicht, dass die Erde eine Kugel ist. Irgendwo auf der gegenüberliegenden Seite musste es daher zu einem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Seemächte kommen.

242 Seeleute auf fünf Schiffen stachen am 20. September 1519 in See – nur ein Schiff, die Viktoria, kehrte mit achtzehn Seeleuten am 6. September 1522 zurück.

Aus den – teilweise nur spärlich vorhandenen – vorliegenden Informationen stellt Stefan Zweig eine spannende Reportage zusammen. Von Magellans Werdegang, seinen Bemühungen, Unterstützung für sein Vorhaben zu finden, die schwierige Phase der Vorbereitungen und dann die Reise in vielen Details.

Interessant ist beispielsweise der Umstand, dass Magellan für die Planung seiner Reise von falschen Annahmen ausging. Aus älteren Berichten andere Seefahrer konnte man glauben, dass diese bereits die Südspitze Südamerikas gefunden hätten, diese nur umfahren hätten, um in den Pazifik zu gelangen. Diese vermeintliche Südspitze war jedoch nichts anderes als die riesige, bis zu 220 km breite Flussmündung des Rio de la Plata, mehr als 2.000 km nördlich von jenem Punkt, den Magellan zu finden gehofft hatte. Als Magellan feststellen musste, dass er auf diesem Weg nicht in den Pazifik gelangen konnte, begann er in Richtung Süden eine mühevolle Suche nach einem Durchgang.

Das kostete Zeit, Material und Menschenleben und erforderte eine ungeplante Überwinterung an Land; dass er am Ende doch noch Feuerland, die nach ihm benannte Magellanstraße und somit die Passage um das Kap Hoorn vom Atlantik in den Pazifik entdeckte, ist Geschichte. Diese Entdeckung wurde bis zu diesem Zeitpunkt jedoch schon mit dem Verlust zweier Schiffe erkauft: Die Besatzung der Antonio desertierte und die Santiago  havarierte bereits davor auf einer Erkundungsfahrt.

Insgesamt hinterlässt Magellans Reise, ganz so wie man es auch von anderen Entdeckern und Konquistadoren kennt, oftmals Spuren der Gewalt gegen die Menschen, auf die man unterwegs trifft. Man tritt also, ganz in der Selbsteinschätzung als überlegene Europäer verfangen, zuerst als Eroberer auf, als Forscher nur zum Zweck, die Schätze der entdeckten Länder für den eigenen König zu sichern. Magellan selbst wäre jedoch, wo immer möglich, auf friedliche Weise in Kontakt getreten; ganz im Gegensatz zu den brutalen Mördern wie Pizarro und Cortez, die ganze Kulturen auslöschten. Am Ende kostet ihn aber eine Strafexpedition, ausgeführt ganz im Stile dieser Konquistadoren, am 27. April 1521 auf einer Insel der Philippinen das Leben.

In Stefan Zweigs Schilderungen findet man jedoch keine kritische Betrachtung dieses typischen Verhaltens, das die Vertreter aller Staaten Europas zeigten, wenn sie neue Länder entdeckten. Überhaupt beschreibt Zweig die Menschen, auf die die Expedition trifft in einer eher überheblichen Weise, quasi als „die ungebildeten, aber meist freundlichen Wilden“ im Gegensatz zu den „zivilisierten, überlegenen Europäern“.

PS: die Aufzeichnungen über die Reise sind dem Italiener Antonio Pigafetta zu verdanken, der zu den wenigen Überlebenden zählte, die es zurück nach Spanien schafften.




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