Buchbesprechung/Rezension:

Leo Perutz: St. Petri-Schnee

Leo Perutz: St. Petri-Schnee
verfasst am 13.04.2021 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Perutz, Leo
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
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Was von dem, was der Arzt Georg Friedrich Amberg erlebt, ist nun wahr und was davon ist ein Produkt einer Illusion?

Der Anfang scheint noch in der Realität zu spielen: als Amberg nämlich in einem Krankenhauszimmer erwacht, bandagiert und benommen. Die Krankenschwester, die ihn überwacht, der Oberarzt, der wenig später das Zimmer betrifft, um den Gesundheitszustand seines Patienten zu überprüfen, der Assistenzarzt Dr. Friebe , den er aus dem eigenen Studium kennt und der Pfleger, der ihn so sehr an den russischen Fürsten Praxatin erinnert. Das alles wirkt vollkommen real.

Amberg ist ans Bett gefesselt, zu schwach, sich zu erheben. Es gibt ihm die Zeit, die letzten Tage Revue passieren zu lassen. Doch schon dabei verschwimmen seine Erinnerung und das, was man ihm erzählt. Sind es fünf Tage, die er bewusstlos war oder fünf Wochen, wie die Schwester meint? Verletzte er sich bei einem Autounfall, so wie er es vom Arzt hört, oder wurde auf ihn geschossen, wie er sich selbst zu erinnern meint?

In seiner Erinnerung geschah folgendes: während des Studiums in Berlin hatte er mit einer griechisch-stämmigen Studentin zu tun, mehr als ein paar Grußworte wurden nicht gewechselt. Diese Studentin war indes die heimliche Sehnsucht der männlichen Studenten, auch die seine. Als sie die Universität verließ, suchte er sie in der Stadt; vergeblich. Dann trat er eine Stelle als Landarzt in dem entlegenen Dorf Morwede in Westfalen an. Schon auf dem Weg dorthin meinte er Bibiche, so ihr Name, am Steuer eines Wagens zu erkennen, doch verlor er sie gleich wieder. Das trug sich in der Stadt Osnabrück zu und in seiner Verwirrung vermied Amberg nur knapp einen Verkehrsunfall. Was für ein unglaublicher Zufall war es dann, als er sie als Assistentin des Barons von Malchin fand, jenes Mannes, der ihn als Arzt in das Dorf geholt hatte.

Wie aber verhält es sich mit den Experimenten, die Bibiche im Auftrag des Barons durchführt und sind es wirklich diese Persönlichkeiten aus uralten Familien, die beim Baron ein und aus gehen? Gibt es wirklich noch einen Nachkommen des Staufern-Geschlechts?

Der Baron habe, so berichtet er dem Doktor, ein Rauschmittel gefunden, mit dem sich die Menschen wieder zum alten unbedingten Glauben an Gott hinführen ließen; und mit diesem Glauben würde auch die alte Ordnung, würde das Kaiserreich wieder auferstehen. Dieses Mitteln nennt sich St.Petri Schnee, ein Schädlings-Pilz, der in den vergangenen Jahrhunderten mehr und mehr zurückgedrängt wurde und darum hätte auch die Gottesfurcht nachgelassen.

Immer weiter türmt sich die Spannung auf, während Leo Perutz seine Leserinnen und Leser gänzlich darüber im Unklaren lässt, wie das Finale dieses Romanes aussehen könnte. Perutz spielt in seinen Romanen immer wieder mit dem Wechsel zwischen Traum und Wirklichkeit, was aus seinen Romanen immer wieder eine bemerkenswerte Mischung aus Krimi, Thriller und unwirklicher Spannung macht. Dazu gehört auch, dass man beim Lesen in schöner Regelmäßigkeit auf neue Spuren geführt wird, von denen man doch nie weiß, ob sie die richtigen sind.

Mit dem Roman „St.Petri Schnee“ aus dem Jahr 1933 hat Perutz eines seiner Meisterstücke in dieser Mischung verfasst.




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