Sabina Naber: Leopoldstadt
Autorin/Autor: Naber, Sabina
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Nahe der Kennedy-Brücke im Bett des Wienflusses wird eine Leiche gefunden. Was zu dieser Zeit Aufsehen erregt das ist der Umstand, dass es sich um einen farbigen Mann handelt. Weil der Mann US-amerikanische Militärstiefel trägt, wird rasch geschlossen: Der Tote ist Amerikaner, jedoch mag das bei der Botschaft niemand bestätigen.
Verdächtig, denn Chefinspektor Wilhelm Fodor ist nach dem Verhalten der Befragten überzeugt, dass der Tote sehr wohl bekannt ist.
Zunächst aber ruft die Hautfarbe des Mordopfers auch bei Fodors Kollegen die üblichen rassistischen Reaktionen hervor (warum Sabina Naber das hier so ausbreitet, erschließt sich mir jedoch nicht, denn es hat keinerlei Bezug zur Handlung). Nachdem das abgehandelt ist, beginnen Fodor und seine Leute die Gegend rund um den Fundort der Leiche abzugrasen. Wer hat den Mann gesehen, wo hat er sich aufgehalten? Eine erste Spur führt ins Parkhotel; das Eintreffen der Polizisten ruft auch prompt eine Reaktion des Portiers hervor, der still und leise verschwindet. Doch es ist zu erfahren, dass das Opfer regelmäßig im Parkhotel aufhielt und sich hier beinahe täglich mit verschiedenen Menschen traf.
Das Jahr 1966, eine andere, gefühlt ewig zurückliegende Zeit, sowohl was unsere Lebensweise betrifft, als auch unsere Ansichten als auch unsere technischen Helfer im Alltag.
Ist es dann schon ein historischer Roman, wenn abschnittsweise aus den damaligen Tageszeitungen und Nachrichten zitiert wird? In diesem Krimi von Sabina Naber lässt sich – leider – sehr gut nachvollziehen, dass es damit alleine noch lange nicht getan ist, um den Zeitgeist und damit ein Gefühl für die Zeit hervorzurufen. Denn die Einflechtung von Ereignissen des Jahres 1966 und die Krimi-Geschichte finden ganz einfach nicht zueinander, sie laufen einfach nur nebeneinander her. Vor allem auch deshalb, weil die Darsteller der Geschichte zu jeder beliebigen Zeit leben könnten – vom Kaiserreich bis heute.
Womit ich mich überhaupt nicht anfreunden kann, das ist der Versuch, manche der Protagonisten in Mundart bzw. in einer Mischung aus Dialekt und Hochdeutsch sprechen zu lassen – das wirkt unecht.
„Leopoldstadt“ und ich, das ist wohl gut herauszulesen, wurden keine Freunde. Aber es muss ja nicht sein.
Der Roman wurde für den Leo-Perutz-Preis für Kriminalliteratur 2021 nominiert