Bill Clinton, James Patterson: Die Tochter des Präsidenten
Autorin/Autor: Clinton, Bill
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Online bestellen:
Lust auf typisch US-amerikanisches Action-Getöse ohne allzu viel Tiefgang? Wer genau so etwas lesen möchte, ist bei diesem Thriller bestens aufgehoben.
Der POTUS (und/oder seine Familie) wird von Thriller-Autorinnen und -Autoren in den letzten Jahren vermehrt in gefährliche Situationen gebracht, aus denen ihn nur ein stahlharter Einzelkämpfer oder er selbst als stahlharter Einzelkämpfer erretten kann (ich bin nicht sicher, aber ich glaube es begann mit Harrison Ford in „Air Force One“). Ob das direkt im Weißen Haus passiert, in London oder irgendwo anders auf der Welt ist nebensächlich, die Hauptsache ist nur, dass an genügend herumsteht, das man in die Luft sprengen kann.
Hier beginnt es mit dem Versuch einer Gruppe SEALs, auf Befehl des Präsidenten den Terroristenanführer Asim al-Aschid in der Libyschen Wüste zu liquidieren. Der Versuch scheitert dramatisch, den der Terrorchef ist im angegebenen Versteck nicht zu finden. Man erinnert sich das die gescheiterte Befreiungsaktion der Geiseln in der amerikanischen Botschaft in Teheran im Jahr 1980, die letztendlich die Wiederwahl Präsident Carters vereitelte. Ist es nun der amtierende Präsident Matthew Keating, den der Fehlschlag sein Amt kosten wird?
Gleich so viel: ja, es kostet ihn sein Amt und ausgerechnet seine eigene Vizepräsidentin ist diejenige, die ihn in den Vorwahlen besiegt.
Die fehlgeschlagene Aktion hat weitere, noch brutalere Folgen, lange, nachdem Keating aus dem Amt gewählt wurde. Denn bei der Operation in Libyen wurde zwar nicht Asim getötet, aber seine Frau und seine drei Töchter. Der Terrorist vergisst nicht, seine Rache schlägt zu, als niemand mehr daran denkt.
Als Mel, die Tochter des Ex-Präsidenten Keating entführt wird, steigert sich das Tempo der Handlung. Nun ist Keating davon abhängig, wie seine Rivalin und Nachfolgerin im Weißen Haus die Suche nach seiner Tochter vorantreibt.
War es im ersten Roman, für den Clinton und Patterson als Autoren genannt werden, noch gut ersichtlich, dass da ein ehemaliger US-Präsident mit seinem Praxiswissen etwas zur Handlung beigesteuert hat, so fehlt das diesmal fast völlig. Wenn Black Hawks durch die Gegend fliegen, FBI-, SEAL- und sonstige -Teams voller tapferer junger Leute ihre heroische Pflicht tun, politische Interessen in Washington wichtiger sind als das richtige Handeln zur richtigen Zeit, dann kann das so auch in jedem anderen Thriller stattfinden, auch ganz ohne sachkundige Unterstützung durch einen Bill Clinton.
Die Schreibwerkstatt von James Patterson liefert routiniert Action ab. Dabei darf man sich zwar keine besonders originellen Wendungen erwarten, aber Tempo und Spannung muss man diesem Roman attestieren.
Insgesamt bleibt es eine recht oberflächliche und vorhersehbare 08:15-Story mit Elementen, die man anderswo schon gelesen oder gesehen hat und der es insgesamt leider an Inspiration und wirklichen Überraschungen fehlt. Eine Fließbandarbeit zum Gut/Böse – Thema.
Aber, das gilt genauso, es ist ein rasanter Thriller, dem man sich vor allem in der zweiten Buchhälfte nur schwer entziehen kann. Wenn man sich sonst nichts Großartiges vornimmt, sind die 560 Seiten an einem Regentag gelesen, weil man natürlich wissen muss, ob alles gut ausgeht … oder nicht.