Bernhard Aichner: Gegenlicht
Ein Bronski Krimi (2)
Autorin/Autor: Aichner, Bernhard
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Berlin. Klaus Rembrandt und Oxana. Das alle 14 Tage stattfindende Treffen mit Oxana lässt sich der begüterte Erbe jeweils sehr viel Geld kosten. Dieses eine Treffen endet jedoch anders als von ihm ersehnt und es wird auch das letzte sein. Als im Garten, direkt vor den Füßen der beiden, ein Mann in den Tod stürzt, ist nicht nur die Vorfreude auf das erotische Abenteuer dahin: in Klaus Rembrandts Leben haben damit auch die letzten Tage begonnen.
Es ist eine Geschichte für David Bronski und Svenja Spielmann. Er macht die Fotos im richtigen Moment und aus der richtigen Perspektive, sie stellt die richtigen Fragen an die richtigen Leute.
Wieder ein blinder Passagier, ein Flüchtling, der auf diese Weise zu Tode kam. Einer, der der glaubte, hoffte in Europa ein neues Leben beginnen zu können, sich im Fahrwerksraum des Flugzeuges versteckte und von Anfang an keine Chance hatte, zu überleben. Wieder nur eine Geschichte für die Zeitung, aber auch nicht mehr? Diesmal verspricht es tatsächlich etwas mehr zu werden, denn es gibt ja einen Augenzeugen, der besonders bereitwillig erzählt und sogar selbst Fotos von der Tragödie gemacht hat, noch bevor die Polizei kam; dass er nicht alleine war, darüber spricht Klaus Rembrandt nicht, das wäre zu privat und Oxana zeigt kein Interesse, in der Öffentlichkeit zu stehen, denn Aufmerksamkeit braucht sie in ihrem Beruf gerade nicht.
Soweit ganz normale Journalisten-Routine und Svenja und Bronski liefern eine gute Story ab. So tragisch es für den Toten abgelaufen ist, ist es doch nur eine von vielen Tragödien und um den Rest wird sich dann die Polizei kümmern.
Doch dann nimmt der Roman eine Wendung, die ich in einem Aichner-Thriller so noch nicht gelesen habe. Er lenkt (während wir bei uns mit Corona und Wetterkatastrophen zu kämpfen haben und meinen, dass wir damit schon das ganze Elend der Welt hautnahe erleben) die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser auf eine Weltgegend, in der alles noch weitaus dramatischer und hoffnungsloser zugeht. Der Tote kam aus Afrika, Svenja und Bronski folgen dem Weg zurück in dessen Heimat, in die Welt der Kindersoldaten und Blutdiamanten, der Slums und der Prostitution.
Scheint der Roman zu Beginn noch etwas gemächlicher abzulaufen als man es zuletzt von Aichner gewohnt war, so nimmt das schrittweise Tempo zu. Bronski und Svenja, Judith, Bronskis gerade wiedergefundene Tochter und Anna, Bronskis große Schwester – für sie alle naht eine Gefahr, die Leben kosten kann.
Es wird spannend – noch mehr: fesselnd – wobei Bernhard Aichner wieder mehr Geschichten erzählt als zuletzt und so seine Leserinnen und Leser zwischendurch auch wieder Atem holen lässt. Das erinnert mich an seine großartigen Max-Broll-Krimis.
Aichners internationalem Erfolg als Schriftsteller ist es wohl geschuldet, dass Tirol als Zentrum der Handlung an den Rand rückt und sich nun alles in Berlin ereignet (Band 1 „Dunkelkammer“ spielte noch in Innsbruck).
Band 2 aus der Bronski-Reihe ist für meinen Geschmack sehr weit oben in der Liste der besten und anspruchsvollsten Aichner-Romane der letzten Jahre. Was nicht leicht ist, denn Bernhard Aichner hat sich ganz zweifelsfrei als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Thriller-Autoren etabliert und schreibt tolle Bücher – „Gegenlicht“ festigt diese Position mit Leichtigkeit.
PS – das denke ich mir öfters: wie lange jemand an so einem Roman schreibt, wie viel Zeit dann Lektorat und Organisation benötigen; Wochen und Monate – und dann sitzt man da und liest alles in wenigen Stunden, in einem Schwung durch; Aber was soll man machen, wenn man nicht aufhören kann …