Georges Simenon: Der Zug aus Venedig
Autorin/Autor: Simenon, Georges
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Seine Familie macht noch länger Urlaub in Venedig, deshalb steigt Justin Calmar alleine in den Zug nach Paris. Eine lange Fahrt liegt vor ihm und dabei weitaus mehr, als er sich hätte ausdenken können.
Das Unerwartete ereignet sich gleich nach der Abfahrt, als der andere Fahrgast im Abteil das Gespräch eröffnet. Noch nicht ungewöhnlich, natürlich, aber der Auftakt zu Justins bewegtesten Stunden. Der Unbekannte ersuchte ihn um einen Gefallen, verschwindet später während der Fahrt spurlos. Doch Justin hat zugesagt und holt nun in Lausanne – ein längerer Aufenthalt ist hier eingeplant – einen Aktenkoffer aus einem Bahnhofs-Schließfach um diesen an eine Adresse in der Nähe zu bringen.
Später wird Justin sich fragen, wie er so einfach der Bitte des Fremden Folge leisten konnte. Zuerst fand er an der angegebenen Adresse eine Tote und dann, er verschwand sofort wieder von dort und setzte seine Reise nach Paris fort, fand er heraus, dass der Aktenkoffer voller Geld war. Wie kann er nach diesen Ereignissen so ohne weiteres sein Leben leben, seine Arbeit verrichten. Alles wird zur möglichen Bedrohung, alles könnte dazu führen, dass man ihm auf die Spur kommt. Dabei hatte er doch gar nichts verbrochen, er hatte einfach nur ein paar Dinge noch nicht der Polizei gemeldet.
Was ihn jedoch vor allem beschäftigt: Wohin ist der Fremde aus dem Zug verschwunden, was, wenn er unvermittelt in Paris auftaucht?
Der Zwiespalt zwischen der Angst um seine Existenz und seiner Vorstellung, was mit dem ihm zugefallenen Reichtum alles möglich wäre, bringt Justin Calmar an die Grenzen seines Verstandes.
Die Idee des Buches ist mir klar, nur ist dies für mich einer von Simenons weniger gelungenen Romanen. Zudem ist das Motiv des zufälligen Zusammentreffens in einem Zug ein vor allem für Krimis gerne genutztes.
Die Beschreibung der Zerrissenheit Justins überschreitet die Grenze zur Übertreibung, von allem packt Simenon zu viel in diesen Roman. Wie er hinter jeder Geste, bei jeder Begegnung mehr und mehr vermutet, dass sein Geheimnis gelüftet worden wäre, wird zunehmend eine sich immer wieder wiederholende Routine und die Handlung damit zu sehr vorhersehbar. Zwar ist das Ende dann wieder überraschend, doch zu weit hergeholt, um den Roman zu „retten“.