Patricia Highsmith: Zwei Fremde im Zug
Autorin/Autor: Highsmith, Patricia
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Zwei völlig Fremde begegnen einander im Zug: Guy, der aufstrebende Architekt und Bruno, der dekadente Sohn eines reichen Mannes. Obwohl es Guy gar nicht möchte, lässt er sich in ein Gespräch verwickeln. Unverbindlich, wie es oft in Zügen geschieht. Warum aber lässt Guy sich darauf ein, über Privates mit dem Fremden zu sprechen? Es mag daran liegen, das jener, Bruno, leichtfertig von seinem eigenen Wunsch spricht, dass er seinem Vater den Tod wünsche um endlich ein befreites Leben zu führen.
Guy ist auf dem Weg zu seiner Frau Miriam, von der er seit Jahren getrennt lebt. Um die Scheidung soll es gehen, endlich, doch Miriam zögert das immer weiter hinaus. Guy reist frustriert weiter, wieder ist er nicht zur Gänze frei für Anne, seine neue, große Liebe. In Mexiko erreicht ihn die Nachricht, dass Miriam ermordet wurde, der Täter unerkannt entkommen.
Bruno hat die flüchtige Bekanntschaft im Zug als Chance für sein eigenes Schicksal erkannt. Wenn er die Frau des anderen tötet, diesem seine Freiheit gibt, dann würde dieser, Guy, Brunos Vater ermorden müssen. Zwei Verbrechen, kein Motiv wäre erkennbar, keine Verbindung von Täter und Opfer zu finden, keine weiteren Verpflichtungen. Bruno setzt seinen Teil dieser „Abmachung“ um, er ist der Mörder von Miriam.
Als Guy aber auf Brunos immer intensiveres Drängen, nun seinen Teil dieses Planes auszuführen, nicht reagiert, im Gegenteil es überhaupt ablehnt, mit Bruno zu reden, wird aus dem Drängen mit jedem Tag eine tiefer gehende Obsession.
Ein Roman, der für mich zwei ganz gegensätzliche Seiten hat. Da ist einerseits diese Spannung, die beim Lesen schon beinahe körperlich spürbar wird. Wie Bruno sich unbarmherzig in Guys Leben und Gedanken drängt, wie Guys Leben immer mehr von diesem Druck beherrscht wird. Körperlich spürbar im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich fühlte beinahe selbst den Widerwillen, der Guy immer mehr in den Bann zog, möchte beinahe selbst Bruno in seine Schranken weisen, als der vom Drängen zum Drohen übergeht und beginnt, Guy Leben zu zerstören.
Die andere Seite ist die, auf der der Roman abschnittsweise so unglaublich zähe Schilderungen in Überlänge hat. Im Nachwort wird eine gekürzte Fassung aus dem Jahr 1967 erwähnt, die in dieser Beziehung vielleicht besser lesbar gewesen ist. Ich denke also, dass ich mit meinem Eindruck, dass der Roman zu ausschweifend geschrieben ist, nicht alleine bin: warum wohl hätte der Rowohlt-Verlag damals sonst eine gekürzte Fassung herausgegeben.
Die Spannung ist aber auch in dieser (zu) langen Ausgabe, die den kompletten Originaltext umfasst, greifbar, ja beinahe magisch.