Donna Leon: Milde Gaben
Commissario Brunettis einunddreißigster Fall
Autorin/Autor: Leon, Donna
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Als Elisabetta Foscarini in der Questatura auf Commissario Brunetti wartet und ihn darum ersucht, sie für ein paar Minuten anzuhören, steht Brunetti natürlich gerne zur Verfügung. Seine alte Bekannte erzählt ihm von der Sorge, die sie um ihre Tochter Flora hat, davon, dass ihr Schwiegersohn wohl in eigenartige Vorgänge verwickelt wäre und seine Frau bedroht. Und ob Brunetti vielleicht inoffiziell ein wenig nachforschen könne?
Brunetti fällt kein Grund ein, nicht behilflich zu sein; ein paar Stunden, dann ist sicher alles geklärt. Da zu der Zeit gerade nicht viel zu tun ist bei der Polizei – Corona hat auch das Verbrechen eingedämmt – holt er seine engsten MitarbeiterInnen dazu, um ein wenig nachzuforschen.
Die Geschichte entwickelt sich sehr gemächlich, manchmal gibt es etwas zu entdecken, manchmal scheint es, als ob Elisabetta sich nur etwas eingebildet hätte. Ohne dass wirklich Dramatisches geschieht, liest man doch interessiert weiter, neugierig, ob sich nicht doch etwas ereignet, das die vielen Details, die Brunetti und seine Leute zusammentragen, zu einem Kriminalfall werden lässt. Und wenn es ein Kriminalfall ist, was für eine Art von Verbrechen hat dann überhaupt stattgefunden?
Es kommen immer mehr Erkenntnisse hinzu, die alles noch unübersichtlicher machen. Ist Elisabettas Schwiegersohn einer von den Guten oder ist er ein Böser? Ihre Tochter jedenfalls bestreitet ganz entschieden, dass etwas vorgefallen wäre, durch das sie sich selbst bedroht gefühlt hätte. Ihr Ehemann wäre in letzter Zeit nur oft nervös und bei einem Spaziergang durch die menschenleere Stadt kam es zu einem seltsamen Ereignis, als sie sich das Schaufenster eines geschlossenen Geschäftes ansahen. Enrico war danach noch nervöser, richtiggehend aufgebracht und ängstlich.
Brunetti weitet den Kreis der Menschen aus, die er befragen möchte. Nur noch ein paar Gespräche, bevor er Elisabetta berichten wird, dass es nichts gibt, worum sie sich Sorgen machen müsste.
Denn es haben doch nur einige Menschen anderen helfen wollen: Bruno de Balzo, Elisabettas Ehemann, gründete drei Jahre zuvor eine Stiftung, um ein Krankenhaus in Mittelamerika zu unterstützen und holte sich zur Unterstützung auch Freunde und Bekannte ins Boot. Sein Schwiegersohn half dabei, diese Stiftung zu errichten und wandte sich danach wieder seiner eigenen Arbeit als Buchhalter zu. Was sollte daran verwerflich oder gar gefährlich sein?
Als schon alles geklärt zu sein scheint, wird in die Tierarztpraxis von Elisabettas Tochter eingebrochen und alles wird verwüstet. Also ist doch Gefahr im Verzug?
Ein Krimi, der ganz ohne einen finalen Höhepunkt auskommt. Es ist eine Story über Eifersucht und Hilfsbereitschaft, falsche Spuren und Leichtgläubigkeit. Das alles findet vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Pandemie statt, als Venedig tatsächlich nur den VenezianerInnen gehörte und Lockdowns und Ängste die Touristen davon abhielten, die Serenissima zu besuchen.
Statt eines „Showdowns“ auf den alles zusteuert, schreibt Donna Leon über die vielen kleinen Erkenntnisse und Überraschungen, die Brunetti bei den Recherchen langsam aber sicher darauf bringen, worum es tatsächlich geht.
Eine Erkenntnis ist für Brunetti auf jeden Fall dabei: Man sollte sich nicht zu leichtfertig darauf einlassen, jemandem einen Gefallen zu tun. Es könnte andere Folgen haben, als alle dachten; vor allem dann, wenn etwas ganz anderes dahinter steckt, als man glauben sollte.
Brunetti Nr. 31 ist mehr ein Roman über die Stadt Venedig und einige seiner seine Bewohner als ein Krimi. Das ändert aber nichts daran, dass es ein ganz wunderbar zu lesendes Buch ist.