Buchbesprechung/Rezension:

Ulrike Schweikert: Berlin Friedrichstraße - Tränenpalast
Friedrichstraßensaga, Band 2

Berlin Friedrichstraße: Tränenpalast
verfasst am 17.06.2022 | 1 Kommentar

Autorin/Autor: Schweikert, Ulrike
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Über die Autorin:
Ulrike Schweikert wurde am 28. November 1966 in Schwäbisch Hall geboren und lebt heute in Pforzheim. Sie arbeitete sechs Jahre als Wertpapierhändlerin und studierte Geologie und Journalismus. Ihr Debütroman „Die Tochter des Salzsieders“ ist einer der bekanntesten deutschen Historienromane. Ihr Schwerpunkt liegt in der Historien- und Fantasyliteratur. Ulrike Schweikert schreibt auch unter dem Pseudonym Rike Speemann.

„Tränenpalast“ ist ihr zweiter und letzter Band der Friedrichstraßensaga.
Band eins „Novembersturm“ erschien im Jahr 2021.

Über den Inhalt:
Der Titel des Buches „Tränenpalast“ bezieht sich auf eine Bezeichnung im Berliner Volksmund für die ehemalige Ausreisehalle der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin im Stadtviertel Dorotheenstadt. Hier konnte man von Ost-Berlin mit S- und U-Bahnen nach Westberlin reisen. Da viele DDR-Bürger damals keine Reisefreiheit nach Westberlin hatten, verabschiedeten hier viele von ihnen ihre westlichen Besucher unter Tränen. Im Tränenpalast befanden sich auch die Kontrollschalter der Grenztruppen der DDR.

Der Roman beginnt mit einem Epilog über Johannes, meinem Lieblingsprotagonisten aus dem ersten Buch, an einem trüben Novembertag. Immer noch betreibt er seinen Kiosk am Bahnhof Friedrichstraße. Adolf Hitler ist seit fünf Jahren Reichskanzler.

Seit einem Brand im Jahr zuvor steht nicht mehr der Name „Johannes Rosenstein“ als Eigentümer auf seinem Kioskschild, sondern „Lilly Wagenbach“, der Name der zwölfjährigen Tochter seines Freundes Robert.

Trotzdem erwartet ihn auch an diesem Tag wieder Vandalismus, als er seinen Kiosk öffnet. Denn für die Nationalsozialisten bleibt der Kiosk im Besitz eines Juden; dieser Rassenwahn bereitet Johannes immer größeres Unbehagen.

Als er am Abend mit seinem Freund Robert Wagenbach zusammensitzt, verkündet er, dass er aus Deutschland weggehen möchte, seine Befürchtungen für seine eigene Zukunft lassen sich nicht mehr unterdrücken. Seine Schwester Ilse bittet er mitzukommen. Doch am 10. November 1938 besteigt Johannes alleine einen Zug, der ihn nach Paris bringt. Damit endet der Epilog.

Das erste Kapitel des Buches beginnt in den frühen Morgenstunden des 2. Februars 1945. Lilli ist mittlerweile 18 Jahre alt und seit drei Monaten alleinerziehende Mutter der Zwillinge Cornelia und Anna. Alle Männer waren an der Front, sie sind gefallen oder verschollen. Berlin ist zu einer Stadt der Frauen, der Alten und Versehrten geworden.

„Einen Tag später stand Lilli gegen halb elf beim Bäcker an, um ihre Brotmarken einzulösen und vielleicht noch irgendwas anderes Essbares zu ergattern, als die Sirenen erneut losheulten. Eine öffentliche Luftwarnung. Lili fluchte laut. Jetzt stand sie schon über eine Stunde hier – Erika beaufsichtigte die Zwillinge -, und nun sollte sie ohne was nach Hause kommen? Die ersten Frauen rannten bereits in alle Richtungen davon.“

Die Geschichte erzählt die Ereignisse ab dem Jahr 1944 und endet mit dem 1989, wobei sich der größte Teil des Buches mit der Nachkriegszeit beschäftigt. Dabei stehen Lilli und das Leben ihrer Töchter im Mittelpunkt. Aber auch Johannes und Robert kehren zurück. Die politische Situation nach dem Krieg in der DDR und das Alltagsleben der Bürger von Warenknappheit bis Bespitzelung wird sehr anschaulich geschildert.

Mein Fazit:
Ich schätze Ulrike Schweikerts Schreibstil sehr. Schon nach den ersten Zeilen ist man tief in die Geschichte eingetaucht.

Obwohl ich davor keine rechte Lust auf Lesen hatte, manchmal brauche ich auch vom Lesen eine Pause, fesselte mich die Geschichte von Beginn an doch so sehr, dass es mir wirklich Spaß machte, sie in wenigen Tagen zu Ende zu lesen.

Dennoch war es, gerade jetzt, wo in Europa wieder Krieg herrscht, keine leichte Kost. Ich kann es einfach nicht fassen, dass all das Leid wieder passiert und wir nicht in der Lage waren und sind den Krieg sofort zu stoppen.

Wie in Band eins habe ich auch hier großen Respekt vor der überaus gründlichen historischen Recherchearbeit und der flüssigen und stimmigen Erzählweise der Autorin.

„Ost-Berlin war ein Gefängnis geworden – ein großes Gefängnis, in dem sie alle eingesperrt waren. Natürlich konnte man die anderen Bezirke in der DDR besuchen, aber nun war nicht nur die grüne Grenze zur Bundesrepublik abgeriegelt, auch nach Westberlin gab es keinen Weg mehr.“

Zusammengefasst liest sich der Roman wie eine spannende Geschichtsstunde, verpackt in eine Familiengeschichte. Beim Lesen musste ich oft meine Großeltern denken, die diese Zeiten miterlebt haben.

Das sehr umfangreiche Quellenverzeichnis und das Autorennachwort zu „Dichtung und Wahrheit“ am Ende des Buches fand ich gleichermaßen hilfreich und informativ.




Ein Kommentar

  • Stefan Pack sagt:

    Berlin Friedrichstra?e Novembersturm ist der erste Band einer Dilogie der Autorin Ulrike Schweikert. Die Leser werden in die zwanziger Jahre von Berlin mit genommen und erzahlt wird die Geschichte von funf sehr unterschiedlicher Charaktere. Johann und Robert sind seit ihrer Kindheit in Luise verliebt. Ilse, die Schwester von Johann fuhlt sich zu Frauen hingezogen und Ella, das Arbeiterkind muss sich ihren Platz im Leben erst erkampfen. Das Umfeld ist die Friedrichstra?e und der dazugehorige Bahnhof. Wobei die Arbeit am Bahnhof eher im Hintergrund statt findet und die Geschichte sich auf die Personen des Romans konzentriert. Der Schreibstil ist an einigen Stellen recht ausschweifend und da hatte ich mir eine straffere Erzahlweise gewunscht. Das geschichtliche Umfeld mit dem Erstarken der kommenden Machthaber wird lebendig in Szene gesetzt und uberschattet die Ereignisse rund um die Akteure. Leider gibt es immer wieder Zeitsprunge in die Vergangenheit, die nur sparsam gekennzeichnet sind. So kam es mehr als einmal vor das die zuruckblattern musste um zu sehen, wo der Sprung statt gefunden hat, weil die Geschichte nicht mehr richtig passte. Zeitweilig kam es mir auch eher wie eine Aneinanderreihung von Ereignissen vor. Insgesamt ganz nett, aber nicht umwerfend mit einigen Langen.

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