Buchbesprechung/Rezension:

Antoine Laurain: Der Hut des Präsidenten

Der Hut des Präsidenten
verfasst am 23.10.2022 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Laurain, Antoine
Genre:
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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 4]

Hier ist der Nachweis, wie Äußerlichkeiten den Lebensweg ganz entscheidend beeinflussen können. So jedenfalls kann man diesen ganz wunderbaren Roman von Antoine Laurain zusammenfassen.

Die Äußerlichkeit, das ist in diesem Fall der Hut des Präsidenten François Mitterrand, der nach einem Abendessen mit Vertrauten, man schreibt das Jahr 1986, seinen Hut in einem Restaurant in Paris vergisst. Am Nebentisch, überrascht und beeindruckt von der Anwesenheit des mächtigen Mannes, sitzt Daniel Mercier, der an diesem Abend so etwas wie eine Junggesellennostalgie erlebt, nachdem seine Ehefrau und sein Sohn verreist sind. Ein Abend ganz alleine, so wie früher. Der Hut bleibt zurück und Daniel nützt die Gelegenheit, sich dieses Andenken zu sichern. Den Hut dann zu tragen, verschafft ihm einen anderen Blick auf die Welt um ihn herum, seine Haltung strafft sich, sein neues Selbstbewusstsein lässt es zu, dass er beruflich die Initiative übernimmt.

Doch wie gefunden, so verloren: bei einer Zugfahrt bleibt der Hut erneut zurück, nur um sich wieder einen neuen Menschen zu erwählen, der ihn finden und mitnehmen wird. Für eine weitere Episode eines besseren Lebensgefühls.

War es bei Daniel noch so, dass der wusste, wessen Hut er an sich nimmt, so ist es bei Fanny Marquant, der nächsten Finderin schon ganz anders. Für sie ist es zunächst einmal nur ein Hut. Der jedoch verbreitet bald wieder seinen Zauber, bringt endlich Klarheit in eine Beziehung, die Fannys Leben bestimmt.

Der nächste Wechsel läuft anders ab, denn Fanny beschließt, den Hut weiterzugeben, nun da er ihr so wohltuend einen Weg in eine bessere Zukunft gewiesen hat. Finder (oder sollte es besser heißen: Auserwählter) ist Pierre Alsan, der nach großen Erfolgen seit Jahren klein neues Parfum mehr erfunden hat. Wie könnten da die vielen Gerüche, die dem Hut nun schon anhaften, eine Wende herbeiführen?

Als wäre er ein Wesen eigener Entscheidungen, wird der Hut bald zum nächsten Besitzer weiterziehen. Nebenbei scheint er auch zu wählen, wer denn nun seine Aufmerksamkeit verdient und wer nicht. Zudem erschafft der Hut so etwas eine Schicksalsgemeinschaft der aktuellen und ehemaligen Hutträger; vereint sind sie in einem Wissen, das niemand außerhalb ihrer kleinen Gruppe besitzen kann.

Alleine schon die Fantasie, mit der Antoine Laurain beschreibt, welche unterschiedlichen Varianten es gibt, wie man einen Hut verlieren oder finden kann, dazu welche Möglichkeiten es gibt, wie eben dieser Hut seine Wirkung entfalten kann. Wie sich dann eine Wende im Leben auf die Abwesenheit dieses zwar simplen, aber doch vom Geist Mitterands erfüllten Utensils zurückführen lässt. Das ist alles zusammen amüsant, eine wahre Lesefreude, voll von positiver Stimmung und optimistischem Ausblick.

Und dann ist der ganze Roman eine, jedenfalls wie ich es verstehe, Satire auf die Verklärung von François Mitterrand, dem letzten Präsidenten Frankreichs, der zwei volle Amtszeiten von insgesamt 14 Jahren regierte, der bislang letzte in diesem Amt, dem man so etwas wie den Anspruch, ein „Sonnenkönig“ zu sein, nachsagte und auch zugestand.




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