Stephen Crane: Das Monster und andere Geschichten
Autorin/Autor: Crane, Stephen
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Das Monster ist ein kurzer Roman aus dem Jahr 1898. Crane erzählt darin die Geschichte des schwarzen Stallknechts Henry Johnson, der seine Arbeit im Haus von Dr. Trescott zur Zufriedenheit aller erledigt und zudem der große Freund des kleinen Jimmie, dem Sohn des Hauses, ist.
Als ein Feuer ausbricht und obwohl die Spritzenwagen so schnell es eben möglich ist, am Ort erscheinen, verliert Jimmie beinahe sein Leben. Es ist Henry, der ihn rettet und dabei selbst sein Leben riskiert. Das Feuer hinterlässt tiefe Spuren auf seinem ganzen Körper, so sehr, dass man ihn bald „Das Monster“ nennt.
Zunächst ist es die Beschreibung des Chaos, das ausbricht, als man das Feuer bemerkt, wie die Feuerwehr zum Unglücksort eilt, wie die Feuerwehrleute alles unternehmen, um mit ihrer Gerätschaft, damals wohl das modernste, was man bekommen konnte, gegen das Feuer anzukämpfen, wie die Schaulustigen von überall her heranstürmen, wie die Glocke vom Kirchturm Alarm schlägt, wie sich die Flammen im Haus von Dr. Trescott ausbreiten. Wie Henry ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben ins lichterloh brennende Haus stürzt, um Jimmie zu retten. Wie Gerüchte die Runde machen, weil einer glaubt, etwas zu wissen. In knappen Sätze spiegelt sich die Dramatik der Ereignisse, lässt einen quasi dabei sein und Weise alles miterleben.
Der zweite Teil: Jimmie und Henry haben überlebt. Während der Junge nur ein paar äußerliche Schrammen davon getragen hat, ist Henry für immer entstellt. Dr. Trescott pflegt ihn, von nichts und niemandem lässt er sich davon abbringen, den Retter seines Sohnes am Leben zu halten. Doch was für ein Leben wird das sein? Völlig entstellt, sein Gesicht gibt es nicht mehr und auch Henry Verstand ist nur mehr wie der eines kleinen Kindes.
Die Menschen, die Henry begegnen, sind entsetzt, zu Tode erschrocken, als einen wahren Teufel beginnt man ihn bezeichnen. So sehr wird Henry mehr und mehr verabscheut, dass man beginnt, auch Dr. Trescott zu meiden, zu dem immer weniger Patienten kommen. Würde man so auch mit einem Lebensretter umgehen, der ein Weißer ist, würde ein Weißer so gehasst und verabscheut werden wie Henry?
Rund um diesen Roman liest man elf kurze und sehr kurze Geschichten über absonderliche oder ganz gewöhnliche Menschen und Geschehnisse der Zeit vor und bis zur Wende von 19. zum. 20. Jahrhundert, darunter …
… In Zwölf Uhr schreibt Crane darüber, wie es zu selben Zeit in den USA quasi zwei Welten gab: die in den Städten der Ostküste mit den Geschäften, den Erfindungen und dem geregelten Leben und die dazwischen, wo noch Cowboys, Colts und Whiskey den Alltag bestimmten … Horace wächst als Kind in einfachen und ärmlichen Verhältnissen auf; in Neue Handschuhe erfährt man, wie kleine Dinge sehr wichtig werden … In Redner in Nöten leidet Jimmie Trescott ganz fürchterlich darunter, dass er vor seiner Schulklasse eine Rede halten muss … Ein trauriges altes Haus sieht besorgt, wie am Horizont die neuen Häuser riesig in die Höhe wachsen … Ein Krimi mit einer raffiniert erdachten Mordgeschichte ist Ein Hirngespinst in Rot und Weiß … an die Grausamkeit der Kinder erinnert Das kleine Biest.
In Das kleine Regiment (aus dem Jahr 1896) nimmt Crane das Thema seines im Jahr zuvor erschienenen grandiosen Romanes „Die Rote Tapferkeitsmedaille“ auf und beschreibt die mörderischen Zustände während des amerikanischen Bürgerkrieges.
Mit diesem nun vierten Buch mit Romanen und Kurzgeschichten von Stephen Crane hat der Pendragon-Verlag tatsächlich eine ganze Reihe an literarischen Schätzen wiederbelebt, die hierzulande nach meiner Einschätzung viel wenig bekannt waren. Schon den Namen Stephen Crane kannte wohl nur ein kleiner Kreis.
Für die wenigen Jahre, die er lebte – Crane wurde nur 28 Jahre alt – hat er ein bemerkenswert umfangreiches und nachhaltiges Werk hinterlassen, in dem er das Amerika zu seinen Lebzeiten und in den Jahrzehnten davor beschreibt. In Summe sind alle diese Geschichten ein direkter Einblick in das Leben der „normalen“ Menschen, über ihr Fortkommen, ihre Wünsche und Ängste.
Stephen Crane ist immer klar in der Sprache und ungemein beeindruckend darin, die Atmosphäre des Momentes einzufangen und fühlbar zu machen.
Nicht nur dieses Buch – man sollte wirklich alles von Stephen Crane lesen!
PS: das Nachwort, verfasst vom Übersetzer Lucien Deprijck, sollte man unbedingt lesen – es fasst Leben, Werk und Wirkung von Stephen Crane sehr übersichtlich zusammen.