Buchbesprechung/Rezension:

Matthias Wittekindt: Die rote Jawa
Ein alter Fall von Kriminaldirektor a.D. Manz (3)

Die rote Jawa
verfasst am 01.12.2022 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Wittekindt, Matthias
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Der dritte Roman aus der Serie mit dem pensionierten Kriminaldirektor Manz ist kein Krimi im eigentlichen Sinn, sondern erzählt von einem mysteriösen Vorfall, als Manz sechzehn Jahre alt war und von einer nicht konfliktfreien Weihnachtsfeier (im Jahr 2019) mit der Familie, bei der Manz sich an diesen Vorfall zurückerinnert.

Es ist das Jahr 1961, Walter Ulbricht hat noch nicht „Niemand hat die Absicht, eine Mauer errichten“ gesäuselt, die Grenze zwischen DDR und BRD ist noch durchlässig. Manz, der „junge Manz“ hat, wie jeder andere Teenager in seinem Alter, Träume von seiner Zukunft, die, wie in vielen Familien, nicht so recht mit den Vorstellungen der Eltern zusammenpassen.

Manz‘ Plan als 16-jähriger: Schule abbrechen, Feuerwehrmann werden. Er ist davon nicht abzubringen und so vermittelt ihm „Onkel Jochen“ der Lebensgefährte seiner Mutter und sein Ersatzvater, ein Praktikum auf einer kleinen Feuerwehr in Mecklenburg, in einem Kaff mit dem Namen Klein-Glevitz.

Die Tagesroutine – wohl eher Langeweile zu nennen – endet, als bei einem Einsatz in einem verfallenen Gutshof die Leichen des dort lebenden Ehepaares gefunden werden. Die zwei Töchter haben das Unglück unbeschadet überlebt, sie verbrachten die Nacht in einem Zelt auf einer Wiese unweit des Hauses. Als der junge Manz nicht mit der Vorgangsweise und den Schlussfolgerungen des hinzugezogenen Kommissars einverstanden ist, beschließt er, selbst Nachforschungen anzustellen. Dabei kommt ihm zugute, dass der Chef der Feuerwehr zugleich auch Dorfpolizist ist, der junge Manz als quasi als Hilfspolizist auftreten kann. Für den Transport zu den Befragungen kann er Maja gewinnen. Die Tochter des Chefs, knapp zwei Jahre älter als Manz, hat eine Rote Jawa, auf deren Sitzbank Manz nicht nur zu möglichen Zeugen gefahren wird, sondern auch zu seinen ersten Abenteuern mit Maja – wie gut, dass ihn Onkel Jochen mit genügend Kondomen versorgt hat.

Auch wenn es eben kein richtiger bzw. vollständiger Kriminalfall ist, so lässt Matthias Wittekamp seinen jungen Helden bei den Ermittlungen ganz so agieren, wie ein Erwachsener. Da liest man wieder die Dialoge, die Wittekamp so großartig verfasst, bei denen man meint, dass ein Gespräch, ein Verhör genauso verlaufen könnte, wie es hier steht. Sprechreif, gewissermaßen.

Manz‘ Nachforschungen enden abrupt, als sich abzeichnet, dass mitten durch Berlin eine Mauer errichtet werden soll. Onkel Jochen holt ihn zurück, um ihn und seine Mutter gerade noch rechtzeitig in den Westteil Berlins zu bringen. Es bleiben damit einige mögliche Szenarien, drei Lösungen zeichnen sich für Manz ab, doch er wird erst Jahrzehnte später wieder dorthin zurückkehren, als die Mauer gefallen ist und alles in Klein-Glevitz, was an die alte Zeit erinnert, verschwunden ist.

Spannend alleine ist nicht die richtige Beschreibung, weil man ja nicht zu einer Lösung geführt wird. Das lässt es einem selbst offen, an ein der möglichen dieser Lösungen zu glauben

Wie der jungen Manz sein Talent als Ermittler zeigt, wie in den frühen Jahren der DDR mancherorts noch etwas Freiheit herrschte, wie aber die Apparatschiks alles daran setzten, die Oberhoheit der Partei durchzusetzen und Land und Güter enteignet wurden, wie ein Teenager seine Erfahrungen mit Mädchen erlebt.

Wenn Wittekindt neben seinen Beschreibungen der Orte, der Landschaft und der Menschen in Mecklenburg immer wieder auf die Romane Theodor Fontanes verweist, dann vergleicht er die alte Zeit, die durch Weltkrieg und Kommunismus ausradiertet wurde, mit dem real existieren Sozialismus Marke DDR, der sich zu Beginn der 1960er schon als Diktatur entlarvt hatte.

Ganz sicher ist dieser Roman anders, als ich es nach dem Lesen der beiden ersten Bände erwartet hatte. Mit diesem dritten Band entwickelt die Reihe noch mehr einen ganz unverwechselbaren Charakter, der die Manz-Romane von „herkömmlichen“ Krimis abhebt. Weil zu perfekt komponierten Dialogen und wirklichkeitsnaher Handlung noch ein unverwechselbarer Stil und wie selbstverständlich die Verbindung mit überaus nachvollziehbaren Alltagsereignissen kommen.




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