Antoine Laurain: Liebe mit zwei Unbekannten
Autorin/Autor: Laurain, Antoine
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Sie heißt Laure: vor ihrer Haustüre wird sie überfallen und der Dieb entkommt mit ihrer Handtasche mit allen ihren persönlichen Dingen und Erinnerungen. Er heißt Laurent: Besitzer des Buchladens Cahier Rouge 1) und er findet genau diese verwaiste Handtasche voller persönlicher Dinge.
Was aber fehlt, der Dieb hat es mitgenommen und den für ihn unwichtigen Rest zurückgelassen, das sind ausgerechnet jene Informationen, aus denen er einen Hinweis auf die Besitzerin der Tasche beziehen kann. Also bleibt nur, das Fundstück bei der Polizei abzugeben; dort wird man wissen, was zu tun ist.
Es ist der Beginn eines Kennenlernens, denn Laurent kann die Tasche nicht sofort abgeben, dazu müsste er warten. Die Buchhandlung muss aber geöffnet werden, also nimmt er die Tasche wieder mit, hat vor, es am folgenden Tag nochmals bei der Polizei zu versuchen. Doch Laurent kommt nicht zurück zur Polizei. So wie die Tasche in seinem Wohnzimmer liegt, redet sie geradezu auf ihn ein, die Besitzerin selbst ausfindig zu machen.
Mit Hilfe, auch von recht unerwarteter Seite, findet Laurent den Namen der Unbekannten heraus. Doch als er diese Laure Valadier dann endlich besuchen und ihr die Tasche zurückgeben will, trifft er in der Wohnung nur auf William, einen Freund Laures, der erzählt, dass sie nach dem Überfall ins Krankenhaus kam und dort im Koma liegt. Alles wird gut, wie die Ärzte sagen, man muss nur ein wenig Geduld haben und so bleibt Laurent zunächst viel Zeit, um Teil des Lebens der Frau zu werden, die er noch gar nicht kennt.
Das Grundmotiv des Romans erinnert mich ein wenig an den Film „Während Du schliefst“ in dem auch eine zunächst einseitige Liebesgeschichte entsteht, weil einer der beiden Partner vom anderen noch gar nichts weiß.
Antoine Laurain füllt seine Geschichte mit den Elementen, die man in einem von ihm verfassten Roman erwarten kann: leiser Humor, berührende Szenen, gefühlvolle Gedanken. Und dennoch bleibt es ein leichter (leicht, nicht seicht) und beschwingter Roman darüber, welche wundersame Wege Gefühle beschreiten können. Es ist aber nicht nur Laurents Annäherung an Laure, es sind beispielsweise auch die Begegnungen Laurents mit seiner fünfzehnjährigen Tochter Chloé, die für Wohlgefühl sorgen. Da liest man dann von Szenen, die wohl viele Väter mit ihren heranwachsenden Töchtern erleben können, voller Augenzwinkern und Generations-Missverständnissen. Dazu kommen noch allerlei witzige, originelle, kleine Szenen, die sich immer wieder in den Seiten verstecken – Alltag eben :-)
Und so geht die Geschichte weiter: Kritisch wird die Situation, als Laure aus dem Koma erwacht und von einem Mann mit dem Namen Laurent erfährt, den sie doch überhaupt nicht kennt … das führt, man kann es sich vorstellen, zu nicht geringer Verwirrung bei ihr und auch bei William. Bis hierher wäre es der Stoff für sowohl einen Psychothriller als auch eine Liebesgeschichte gewesen. Was es wird – entweder, oder, oder beides – das wird man mit viel Lesevergnügen erfahren.
Dieses Lesevergnügen hatte ich jedenfalls in großem Maß. Auch deshalb, weil die ganze Geschichte einen selbst ein wenig davon träumen lässt, wie es wäre, wenn eine ganz unerwartete Begebenheit dem Leben eine neue Richtung und einen neuen Inhalt geben würde.
Ein ganz wunderbares Buch, ein Ausrufezeichen für Zuversicht!
1) Hat bei der Namensfindung etwa Paul Auster geholfen? Er wäre jedenfalls nicht der einzige Schriftsteller, der in diesem Roman einen (Cameo-)Auftritt hat.