Theodor Fontane: Unterm Birnbaum
Autorin/Autor: Fontane, Theodor
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Abel Hradschek ist weder als Kaufmann noch als Wirt sonderlich begabt oder erfolgreich. Dazu kommt, dass er allzu gerne selbst seinen Wein verkostet und überdies nicht vom Glücksspiel lassen kann.
Damals wie heute führt solches Verhalten mit erwartbarer Geradlinigkeit in Schulden, die bald das übersteigen, was Hradschek zurückzahlen könnte; da helfen auch die sanften Warnungen seiner Frau nichts.
Es geschieht zu Beginn der 1830er-Jahre im Oderbruch, im fiktiven Ort Tschechin. Ein kleiner Ort, einer in dem jeder jeden kennt, in dem tatsächlich nichts vorgeht, ohne dass es jemand bemerkt. Dennoch: Hradschek schmiedet einen, wie es scheint, äußerst raffinierten Plan, als er in seinem Garten durch Zufall auf einen Toten stößt. Nach dessen Kleidung ist es ein französischer Soldat aus der Zeit Napoleons, zwanzig Jahre muss der Tote hier schon liegen – eben unter dem Birnbaum.
Gemeinsam mit Ursel, seiner Ehefrau, setzt er den Plan um, der ihn vor dem Ruin und damit der Schande retten soll. Der Reisende Szulski, Weinverkäufer, der jedes Jahr seine Aufwartung macht und dabei auch gleich das Geld von den Kunden kassiert, hat sich angesagt. Nach einer Übernachtung reist der Mann weiter, doch man weiß: die Person, die da in die Kutsche steigt und zu früher Stunde Tschechin verlässt, das ist nicht der Reisende.
Mit Hilfe einer Erbschaft, die just zu der Zeit bekannt wird – und was Hradschek auch niemandem im Ort verheimlicht – lässt sich erklären, wie es möglich ist, dass der Kaufmann seine Schulden begleicht und sogar noch sein altes Haus ausbauen lassen kann.
Dabei wurde Hradschek beobachtet, als er mitten in der stürmischen Nacht etwas im Garten vergrub. Jeschke, die Nachbarin, man kennt sie, sie hat ihre Augen und Ohren überall und versteht es, mit listigen Worten an geeigneter Stelle Misstrauen zu sähen. Hradschek kommt nach Hinweise sogar für einige Zeit ins Untersuchungsgefängnis, als man die verlassene Kutsche des Reisenden in der Oder entdeckt. Doch sein Plan ist so raffiniert ausgedacht, dass er frei kommt. Nur Ursels Lebensgeister scheinen zu schwinden, als würde etwas auf ihrer Seele lasten.
Ein kleiner Roman über ein Verbrechen und über eine wohl typische Dorfgemeinschaft, in der sich alle möglichen Typen versammeln. Es gibt die Außenseiter, die Stillen, die Forschen, die Gutgläubigen und die Zurückhaltenden. Die, die es immer schon gewusst haben und die, die das Gute im Menschen sehen wollen.
Es gibt in diesem Roman nur eine Sache, die es tatsächlich erschwert, alledem zu folgen. Fontane lässt einige der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner im Dialekt reden, wobei sich der Inhalt des Gesagten für mich, trotz aller Anstrengungen, oft nur aus dem ergibt, was man davor und danach liest. Manchmal hilft mir dann, den Text laut zu lesen, damit zumindest der Klang einen Hinweis auf den Inhalt gibt, manchmal aber hilft auch das nicht.
Veröffentlicht wurde der Roman im Jahr 1885 und es lässt sich eines herauslesen: Arglist und Böswilligkeit haben sich seit damals nicht verändert.