Buchbesprechung/Rezension:

Arthur Conan Doyle: Die vergessene Welt

Die vergessene Welt
verfasst am 19.05.2023 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Doyle, Arthur Conan
Genre:
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Alles beginnt damit, dass Edward Malone, ein über beide Ohren verliebter junger Mann, einen Weg sucht, bei der von ihm angebeteten Gladys ebenfalls Gefühle zu erwecken. Jene ist so offen, ihm quasi eine Anleitung zu geben, wie das geschehen könnte: Der Mann, in den sie sich verlieben würde, müsste Außergewöhnliches leisten, ja berühmt und wagemutig sein.

Das sollte doch für einen Reporter wie Edward eine zu lösende Aufgabe sein, es muss sich nur eine Story finden lassen, die für ihn genau das alles mit sich bringt. Sein Bemühen, dafür eine adäquate Aufgabe zu finden, führt Edward zu Professor Challenger. Ein gefürchteter Mann, der mit praktisch allen seinen Professorenkollegen und noch viel mehr mit Vertretern der Presse auf Kriegsfuß steht, weil die ihm seine Geschichte von dem unerforschten Land, mitten im riesigen Amazonasgebiet nicht glauben wollen. Ein Gebiet hoch oben auf einem Plateau, auf dem angeblich urzeitliche Wesen überlebt hätten. Leider gingen die wenigen gefundenen Beweise dafür bei einem Bootsunglück auf der Rückreise des Professors verloren.

Die Chance für Edward: während eines Vortrages – der, wie zu erwarten war, in heftigen Tumulten mündet – schlägt Challenger vor, dass eine Expedition nach Südamerika aufbrechen sollte, um das Unglaubliche mit eigenen Augen das zu sehen. Edward meldet sich direkt freiwillig und schon wenige Tage später bricht er auf. Sein Glück, dass für die Unkosten die Zeitung, für die er arbeitet, die Daily Gazette, aufkommt, denn es ist einiges zu besorgen. Dafür wird er laufend Berichte zurück nach London senden, wenn es nur irgendwo möglich sein wird, Post durch die Wildnis zu transportieren. Mit dabei sidn auch der Abenteurer Lord John Roxton und Professor Summerlee, einer der entschiedensten Gegner von Professor Challenger.

Das Abenteuer beginnt, man hat vor Ort einige Helfer angeheuert, in der Stadt Manaus und mit einer Schiffsreise den breiten Strom hinauf zunächst noch recht gemächlich. Dann aber ist dieser Teil zu Ende und es wird auf Kanus umgestiegen. Der Strom wird schmäler, manchmal muss man die Ausrüstung neben Stromschnellen hinauftragen, und der dichte Urwald rückt immer näher heran.

Doch auch für die Kanus wird der Strom irgendwann zu schmal und von da an muss man sich, schwer bepackt mit der Ausrüstung, zu Fuß auf den Weg machen. Viele Tage vergehen, bis die Expedition endlich vor dem steht, wovon Professor Challenger berichtete: dem Hochplateau. Nun gilt es nur noch, einen Weg hinaufzufinden.

In den Beschreibungen der Umwelt, der Tier- und Pflanzenwelt im Dschungel kommt manchmal so etwas wie ein Karl May-Gefühl auf, wenn Doyle darüber so detailliert schreibt, als wäre er selbst dort gewesen. Wobei Doyle im Gegensatz zu May nie behauptete, selbst dort gewesen zu sein.

Wie von Edward erhofft, entwickelt sich bald ein richtiges Abenteuer, etwas, von dem Gladys sicherlich überwältigt sein würde, wenn er nur in der Lage wäre, lebend wieder nach Hause zu kommen und ihr davon zu erzählen.

Es war die Zeit der turbulenten und mit großer Emotion geführten Auseinandersetzungen zwischen Vertretern unterschiedlicher, oft regelrecht verfeindeter wissenschaftlicher Denkschulen. Vieles ist zu jener Zeit (der Roman wurde im Jahr 1912 veröffentlicht) noch Gegenstand grundlegender Forschung und es gab noch einige weißen Flecken auf den Landkarten. Was heute anerkanntes Wissen ist, was damals noch unerforscht. Es ist, wie ich finde, in überaus interessanter Aspekt dieses Romanes, auf diese Weise einiges über den Stand der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu erfahren. Es war die Zeit der Indiana-Jones-Typen, die aufbrachen, um die Welt zu erkunden –  Helden der Wissenschaft, gewissermaßen :-)

Was man dem Roman in einigen Passagen sehr stark anmerkt, das ist, aus welcher Zeit er stammt. Da sind die „Eingeborenen“ noch dankbar, weil ihnen ein weißer Mann etwas beibringt oder ihnen, die sonst ganz sicher hilflos wären, das Leben rettet. Da kann es nicht ausbleiben, dass man alle die Klischees zu lesen bekommt, mit denen damals die Europäer die Bewohner anderer Erdteile bedachten: Rückständig und etwas beschränkt, eben wie lauter kleine Kinder, denen die zivilisierten Herren noch so vieles beibringen mussten. Andererseits bringt Arthur Conan Doyle mit der Figur des Lord John Roxton auch einen Expeditionsteilnehmer ins Spiel, der in seinem Lebenslauf unter anderem auch den erfolgreichen Kampf gegen die Sklaverei stehen hat. Das ist zwar auch eine aus der europäischen Sicht erzählte Heldenstory, aber immerhin ein kleines moralisches Gegengewicht zur weit verbreiteten Überheblichkeit der Europäer.

Wie auch sonst aus der Geschichte und von unzähligen Orten auf dem Globus bekannt, verändert das Auftreten der Europäer auch auf dem Hochplateau das seit ewigen Zeiten herrschende Gleichgewicht für immer und meistens ist das ja nicht zum Besseren …

Der Grundgedanke, dass sich irgendwo auf der Welt eine Enklave halten konnte, in der Wesen aus einer fernen Vergangenheit überlebt haben, ist natürlich faszinierend. Kein Wunder, dass es deshalb nicht nur viele Verfilmungen des Romanes gibt, sondern dass auch andere Filmreihen wie Jurassic-Park oder Jumanji das Motiv aufnahmen. „Die vergessene Welt“ ist damit so etwas wie der Urgroßvater vieler Urzeit-Geschichten und, gemeinsam mit dem darin enthaltenen Abbild des damaligen Zeitgeistes sehr lesenswert.




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