Buchbesprechung/Rezension:

Donna Leon: Wie die Saat, so die Ernte
Commissario Brunettis zweiunddreißigster Fall

Wie die Saat, so die Ernte
verfasst am 29.05.2023 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Leon, Donna
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Wenig aufregend sind sie, die normalen Tage in Venedig und damit auch bei der Polizei. Die Folge der Corona-Pandemie wirken noch nach, ein paar Demonstrationen, ein Fall von Polizeiübergriff, ein Informant berichtet von den neuesten Aktivitäten eines allzu gut bekannten Kunsträubers.

Dazwischen Telefonate mit anderen Dienststellen, eine Information hier, eine Neuigkeit da. Alles zusammen geruhsame Tagen voller Routine, an denen Brunetti endlich dazu kommt, sich ein paar privaten Angelegenheiten zu widmen, was er sonst immer wegen dringender Einsätze aufschieben musste … oder dankbar war, sie aufschieben zu können.

Der beschauliche Alltag wird durch den kalten Polizeialltag verdrängt, als in einem der Kanäle die Leiche eines Mannes gefunden wird, mit dem Brunetti noch wenige Stunden zuvor ein paar Worte gewechselt hatte. Ein Mann aus Sri Lanka, der, es gibt solche Zufälle, das Haus einer ehemaligen Schulkameradin Brunnettis und ihres Ehemannes in Schuss hielt und auch sonst allerorts gerne aushalf. Ein unverdächtiger Mann, allseits geschätzt und nur eine ganz spezielle Sache macht den Commissario stutzig: warum hat dieser Mann, Inesh war sein Name, so viele Bücher über den Terrorismus in Italien in seinem Bücherregal stehen?

Das Tempo des Romanes bleibt weiterhin bedächtig, beinahe träge, weil es zunächst nur Ahnungen und Vermutungen sind, die Brunetti anstellen kann. Eine erste deutliche Spur ergibt sich ausgedehnte durch eine ganz spezielle Software, mit der das Internet nach bestimmten Kriterien durchsucht werden kann. Eine solche Suche bringt Verbindungen zwischen einigen Akteuren ans Tageslicht, die sonst nur schwer, wenn überhaupt, sichtbar geworden wären.

Ausgerechnet das Internet hilft entscheidend; ein Umstand, mit dem sich der ansonsten sehr technikferne Brunetti erst einmal anfreunden muss …

Einen Teil dieses Romanes nehmen Brunettis Erinnerungen an seine eigene, rebellische Jugendzeit ein, in denen ich mich durchaus selbst wiederfinden kann. Donna Leon beschreibt dabei sehr überzeugend (und aus meiner Sicht eben auch sehr realitätsnahe), wie die Jugend sich für Ideale begeistert, zumindest mit Worten bereit ist, für diese zu kämpfen und wie sich diese Ideale im Laufe der Jahre dann doch an die Alltagsroutinen anpassen; jedenfalls bei den meisten Leuten. Wobei, auch das kommt mir sehr bekannt vor, diese Ideale der Jugend mitunter mit kaum nachvollziehbaren Argumenten unterlegt sind, weil man in der Sturm-und-Drang-Phase des Lebens sehr gerne auf das Bedenken von Tatsachen verzichtet, wenn diese nicht ins Bild passen.

Wenn man dazu auch über einige der Terroranschläge in Italien in den 1980er liest, dann erinnere ich mich auch noch sehr lebhaft an die Bilder von Bombenanschlägen und Entführungen, die beinahe täglich in den Nachrichten zu sehen waren.

In diesen Abschnitten merke ich, dass Brunetti und ich diesbezüglich wohl derselben Generation angehören und auch sonst recht ähnliche Ansichten haben :-)

Der 32. Brunetti-Roman ist weniger dramatischer Krimi als vielmehr ein sehr gelungener Roman über Menschen und deren Vergangenheit. Darüber, dass vieles von dem, was wir in unsere Jugend getan haben, einfach nur verblassende Erinnerung ist, manches aber unser Leben auch nach langer Zeit noch bestimmt; manches bereuen wir und manches würden wir immer wieder genauso machen.

Und genau darum geht es in „Wie die Saat, so die Ernte“. Sehr lesenswert!




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