Stacy Willingham: Was verborgen ist
Autorin/Autor: Willingham, Stacy
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Dies ist eines der Bücher, bei denen ich meine, dass der Titel der deutschsprachigen Ausgabe den Inhalt besser trifft als der englische Originaltitel; denn verborgen ist in diesem Thriller sehr viel.
Isabelle Drake hat nur noch ein Ziel: ihren Sohn Mason wiederzufinden, der ein Jahr zuvor aus seinem Kinderzimmer verschwunden ist. Damit die Sache nicht in Vergessenheit gerät, reist Isabelle durch das Land, hält Vorträge, trifft Menschen und organisiert Mahnwachen. Alles ist aber umsonst, denn weder gibt es Hinweise auf den Verbleib ihres Sohnes noch hat man irgendeine Spur gefunden, außer Masons Spielzeug, das im Schlamm eines nahe dem Haus gelegene Sumpfes gefunden wurde. Dass ausgerechnet in jener Nacht die Kamera im Kinderzimmer nicht funktionierte, man sich Isabelle zudem zum Vorwurf, denn sie hatte es verabsäumt, die Batterien auszutauschen.
Die Ereignisse führten dazu, dass die Ehe der Drakes zerbrach, Isabelle bewohnt mit ihrem Hund Roscoe das Haus nunmehr alleine, während ihr Noch-Ehemann Ben in eine Wohnung umzog und sich auch nicht lange Zeit ließ, eine neue Affäre zu beginnen.
Als der True-Crime-Podcaster Waylon Spencer Kontakt mit Isabelle aufnimmt, sich ihres Falles annehmen möchte, bekommt der Fall eine neue Richtung und eine neue Dynamik.
Langsam, ganz langsam dringt man beim Lesen in die Gefühlswelt Isabelles ein und erfährt von ihren Zweifeln, ihrem Misstrauen und ihren eigenen Erinnerungen. Die lassen sie immer mehr befürchten, dass sie selbst etwas mit der Entführung Masons – von einer Entführung ist sie überzeugt und auch, dass Mason noch am Leben ist – zu tun haben könnte.
Es ist nicht Tempo, das den Charakter dieses Romanes bestimmt, sondern es ist die minuziöse Beschreibung von Details und Momenten und von Rückblicken, die wie Blitzlichter auftauchen. Je mehr Isabelle sich nun wieder in die Vorgänge rund um jene Nacht vertieft, desto unsicherer wird sie, was sie tatsächlich weiß und was sie tatsächlich gesehen hat. Ein dramatisches Ereignis aus ihrer eigenen Kindheit, in dem sie mehr und mehr Parallele zum Masons Verschwinden zu erkennen glaubt, verstärkt nur noch ihre Angst, dass sie es war, die alles das – damals und heute – zu verantworten hat.
Eindrucksvoll beschrieben ist die Furcht der Mutter, die die Hoffnung nicht aufgibt, ihr Kind wiederzufinden, die alles unternimmt, damit die Polizei und die Öffentlichkeit nicht vergessen. Eindrucksvoll auch die Darstellung der Nebendarsteller des Romanes, die alle von einer Aura der Unschärfe umgeben sind, durch die man kaum hindurchsehen kann. Wer also welche Rolle spielt, das bleibt bis zum Schluss offen, wer ehrlich ist und wer etwas zu verbergen hat, wer welche Absichten hat, wird man lange nicht erfahren und vor allem selbst nur schwer erahnen.
„Was verborgen ist“ ist ein Psychothriller, der sich auf leisen Sohlen nähert, der von der Charakterisierung der Protagonisten lebt und der auf einer wirklich raffiniert konstruierten Story aufbaut.
So sehr sich alles verwirrt, so sehr man beim Lesen darauf achten muss, dass man die viele Fäden auseinanderhalten kann, in denen sich Isabelles Leben zu verwickeln scheint, so schlüssig ist die Auflösung am Ende. Was die Freude ein wenig trübt, das sind doch recht oft zu lesende, nur leicht variierte Wiederholungen, so also wollte Stacy Willingham sicherstellen, dass man diese Details nicht vergisst – denn sie werden alle am Ende noch von Bedeutung sein.