Buchbesprechung/Rezension:

Constanze Scheib: Mord im Dreivierteltakt
Die gnä’ Frau ermittelt (3)

Mord im Dreivierteltakt
verfasst am 20.10.2023 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Scheib, Constanze
Genre:
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Was im ersten Kapitel nachzulesen ist, das weckt Erinnerungen daran, wie ich, wenn auch einige Jahre später als hier beschrieben, ein paar Mal selbst auf dem Philharmonikerball war. Viel Gedränge auf der Tanzfläche, man geht hin, um sich zu unterhalten, um zu sehen und gesehen zu werden und in den Logen wird Geschäftliches besprochen – ja so war das

Natürlich mit dabei ist Frau Ehrenreich mit ihrem Ehemann. Nach dem ersten Walzer gehen die beiden getrennte Wege in der Ballnacht; sie, um sich mit Bekannten und Freuden zu amüsieren, er, um Kontakt für neue Geschäfte zu knüpfen, kaum anders als im Jahr 2023. Die Musikbegleitung damals im Jahr 1973, logischerweise vorgetragen von den Wiener Philharmonikern, wird wohl der von heute sehr ähnlich gewesen sein. Frack und Smoking haben sich seither auch nur wenig verändert, die Roben der Damen mögen aber etwas anders ausgesehen haben als heutzutage.

Die Szenerie einer klassischen Wiener Ballnacht also. Und so eine soll es werden, nur ist da dieser eine Mann, der die gnä‘ Frau an Robert Redford erinnert und der sie ansieht, als ob er sie kennt.

Was dann geschieht, das habe ich, erfreulicherweise, nie erlebt: eine Rauferei im Foyer des Musikvereins; unglaublich, was für ein Skandal! Und das alles vor den Augen der gnä‘ Frau, die solcherart einige bemerkenswerte neue Informationen erhält und überdies (und unversehens) in die Rolle der Sponsorin eines Theaters am Spittelberg 1) wird. Dort bereitet sich die Operndiva Signora Conetotti auf eine neue Rolle vor.

Als die Signora jünger war, durfte sie sich Primadonna nennen, ein Titel, den sie aus Gründen der Eitelkeit auch weiterhin für sich beansprucht, wenn diese Zeit aber schon längst vorbei ist. Jetzt muss sie für ein Engagement auf einer kleinen Vorstadtbühne dankbar sein. Das kann sie gerade noch akzeptieren, was ihr aber wirklich die letzten Nerven raubt, das ist der Umstand, dass sie erpresst wird.

Das führt zu so etwas wie einem „richtigen“ Auftrag für die gnä‘ Frau. Sie ist nicht mehr nur als Hobbydetektivin unterwegs ist, diesmal gilt es einen Erpresser zu entlarven, der ein Geheimnis aus der Vergangenheit der Signora entdeckt hat und dieses Wissen zu Geld machen möchte.

Weil in Wien zur Ballsaison ein Ball dem anderen folgt, ist der Opernball der nächste Schauplatz. Dort soll die Signora einen weiteren Betrag an den Erpresser übergeben. Diesmal aber plant die gnä‘ Frau alles ganz genau, kann jemanden beim Abholen des Geldes beobachten und so umgehend entlarven. Den Fall so schnell gelöst, das ist natürlich ein tolles Ergebnis ihrer Arbeit. Wenn da nicht diese Unannehmlichkeit wäre, dass schon wenig später im Theater ein Mord geschieht.

Wie schon die ersten beiden Krimis aus dieser Reihe ist es ein wohliges Gefühl der Nostalgie, das sich von Anfang an breit macht. Wenn dann beim Opernball die einige der prominenten Leute der frühen 1970er-Jahre zumindest Erwähnung finden, dann fühlt es sich an, als wäre man fünfzig Jahre zurückversetzt.

Constanze Scheib lässt einige sehr „typische“ Charaktere auftreten. Die spleenige Operndiva, den aufbrausenden Regisseur, den Produzenten, der die Launen der Akteure ertragen muss und natürlich der Kommissar, der noch immer nicht gelernt hat, dem Gespür der gnä‘ Frau zu vertrauen. Wie sich herausstellt, habe sie alle (ausgenommen Kommissar Raab, das versteht sich) etwas zu verbergen, ein Detail aus ihrem Leben könnte, wenn es bekannt würde, ernsthafte Folgen haben.

Im Zentrum der Geschichte stehen die Leute, die das kleine Theater bevölkern. Das ewige Hin und Her, die Aufregungen und kleinen und großen Streitigkeiten vor, hinter und auf der Bühne sind, wie ich finde, ganz wunderbar beschrieben. Die eigentliche Krimihandlung ist dagegen nicht ganz so flott und spannend, was mir in Summe aber nicht viel ausmacht.

Die Mischung aus Nostalgie und Theaterszene – beides zusammen ergibt einen wirklich sehr unterhaltsamen Roman aus einer Zeit, als Wien noch ein wenig aussah als heute und als man sich noch Gedanken um Dinge und Konventionen machte, die heute selbstverständlich sind.

1) Der Spittelberg war damals, in den 1970er-Jahren noch ein recht heruntergekommenes Viertel. Das Theater hier im Roman ist übrigens nicht das heutige „Theater am Spittelberg“, das wurde erst mehr als ein Jahrzehnt später gegründet.




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