Robert Neumann: Die Kinder von Wien
Autorin/Autor: Neumann, Robert
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Ein Roman, mit dem Robert Neumann die triste Realität, die nach dem Ende des Krieges herrschte, in Worte fassen wollte.
Worum es geht: Viele von denen, die den Krieg überlebten, wurden gewissermaßen ausgespuckt in eine neue Welt, in der zwar keine Bomben mehr fielen, aber der Frieden, so wie wir ihn kennen, war es trotzdem noch nicht. Ein paar Kriegsgewinnler durchstreiften die Ruinen nach weiterer Beute, die Alliierten patrouillierten zwar, aber Hilfe und Schutz konnten sie nicht allen bieten.
In diesem Slum leben die Kinder, einen Keller haben sie okkupiert, da gibt es wenigstens ein Dach über dem Kopf. Tauschhandel, Prostitution, Gaunereien sind ihr Alltag.
Der Roman wurde im Jahr 1946 zuerst in englischer Sprache veröffentlicht, damals war alles das präsent, wobei nicht deutlich wird, wie weit Neumann die Beschreibung der Verhältnisse überspitzt. Für eine Darstellung der Dramatik jener Jahre, in denen die Gewalt der zurückliegenden Naziherrschaft und des Krieges sicher noch in den Köpfen präsent waren, fand er es angemessen, keine Rücksicht auf schwache Nerven zu nehmen.
Ist das, was man hier liest über die Zustände in Wien in den Nachkriegsjahren beispielhaft für die allgemeinen Zustände oder ist das nur ein Beispiel für die Lebensumstände einer kleinen, vergessen Gruppe? Sicher ist, dass es diese ungestraft herumlaufenden Leute gab, die zwar ihr Auftreten änderten – niemand war ja bekanntlich in den zurückliegenden Jahren ein Nazi gewesen, niemand hatte „Heil“ geschrien – im Inneren aber für immer die hassgetriebenen Rassisten blieben. Es gab die Armut, den Schwarzmarkt, den Hunger, wenn auch versucht wurde, für die Opfer des Krieges zu sorgen.
Bin ich also bezüglich der tatsächlichen Zustände in Wien in den Nachkriegsjahren jedenfalls teilweise unsicher, so sind der Aufbau des Romanes und die von Neumann dafür kreierte Kunstsprache für mich ein einziges Verhängnis; damit komme ich überhaupt nicht zurecht, verstehe den Sinn nicht, warum Neumann die Grausamkeiten des beschriebenen Lebensalltages auch noch in eine so absurde Sprache packen musste, die den Inhalt überdeckt.
Sichtlich im Vorhaben, die beschriebenen Situationen im Ausdruck noch zu verstärken, bemüht Robert Neumann einen Sprachstil, der für mich genaue den gegenteiligen Effekt hervorruft, nämlich jedwede darunter liegende Botschaft verschüttet. Die habe ich mit erst bruchstückhaft aus den Texten, oft beim mehrfachen Durchlesen einiger Absätze herausgeholt.
Weil ich derartige Sprachexperimente so überhaupt nicht mag, ist dieser Roman für mich persönlich an der Grenze zur Unlesbarkeit. Nur mit Mühe habe ich mich durchgekämpft, dabei aber, das muss ich zugeben, auch einige Absätze komplett übersprungen.
Das alles ist aber natürlich eine sehr persönliche Bewertung. Ich bin sicher, dass es viele Leserinnen und Leser gibt, die einen viel besseren Zugang zu diesem Buch finden.
Das Thema jedenfalls ist so dramatisch wie aktuell. Es muss nicht gleich ein Weltkrieg sein, die Auswirkungen von Kriegen auf die, Kinder (und überhaupt alle Menschen) können wir uns hier in Österreich vielleicht nicht so wirklich vorstellen. Das, was sich heute, im Jahr 2023 an Gewalt auf der Welt abspielt (im Oktober 2023: Ukraine, Israel), wird aber für die Betroffenen wohl vergleichbare traumatische Auswirkungen haben, wie Robert Neumann sie in diesem Buch thematisiert.