Buchbesprechung/Rezension:

Egyd Gstättner: Der große Gogo

Der große Gogo
verfasst am 25.12.2023 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Gstättner, Egyd
Genre:
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„Glück und Pech: die Geschwister der Familie Zufall“

Der Klagenfurter Autor Egyd Gstättner widmet sich in seinem neuen Roman „Der große Gogo“ dem Fußballer Günther „Gogo“ Golautschnig, der am 23. November 2023 seinen 70. Geburtstag feiert.

Sein Leben und seine Karriere sind die Vorlage für den Protagonisten Gustav „Gogo“ Goggerwenig im Buch. Denn, wie der Autor in einem Interview betont, kennt er die reale Persönlichkeit nicht wirklich. Die Idee, einen Roman über den Fußballer zu schreiben, hat er aber seit Langem, nur musste sie rund vierzig Jahre reifen.

Wie alles begann?

Der begeisterte Fußballfan und Jungautor Egyd Gstättner teilt im November 1982 sein Krankenhauszimmer mit dem Fußballer Günther „Gogo“ Golautsching. Gstättner hat eine Nasenoperation hinter sich, Golautschnig eine Knieoperation vor sich.

Wer ist er nun, der große Gogo, der im Roman Gustav Goggerwenig heißt und als Ich-Erzähler über sein Leben berichtet? Und wie viel Günther steckt in Gustav? Golautschnig schaffte es aus dem Kärntner Jauntal zu Austria Klagenfurt und dann ins Nationalteam. Der Linksaußen gilt als einer der besten Fußballer der österreichischen Fußballgeschichte.

Gustav kickt bei Austria Klagenfurt, einem Zweitligisten, der es unter Trainer Walter „Lu“ Ludescher in die Bundesliga schafft. Der damalige Teamchef Erich Hof ist immer auf der Suche nach neuen Teamspielern und so fällt ihm der nur 1,68m große und stämmige Goggerwenig auf. Mit Bart hat er eine entfernte Ähnlichkeit mit Bomber Gerd Müller.

Als er am 17. November 1982 als erster Kärntner seit 37 Jahren mit der National-Elf ins Stadion einläuft, hat sich sein Traum erfüllt. Es geht um nichts Geringeres als die EM-Teilnahme, Gegner ist die Türkei. Seite an Seite steht er mit Toni Polster, Walter Schachner, Hans Krankl, Erich Obermayer, Bruno Pezzey, Friedl Koncilia, Josef Degeorgi, Felix Gasslich, Herbert Prohaska, Heribert Weber, sowie den Ersatzspielern Herbert Feurer, Gernot Jurtin, Peter Pacult, Leo Lainer, Bernd Krauss und Anton Pichler als die österreichische Bundeshymne erklingt, für die er noch Text und Melodie eingeübt hat.

Just dieser sportliche Höhepunkt seiner Karriere ist gleichzeitig auch deren Ende, denn in der 55. Minute des Länderspiels verletzt sich der Gogo schwer – das Knie ist kaputt. Der Schiedsrichter lässt unbeirrt weiterspielen, während Teamarzt Dr. Schwinger den Spieler untersucht. Letzten Endes muss Gogo auf der Trage vom Spielfeld gebracht werden. Dass das Team trotz numerischer Unterlegenheit (man hat das Austauschkontingent bereits ausgeschöpft) mit 4:0 gewinnt, tröstet den Gogo nur wenig.

Für die Fußballfans unter den Lesern, die es vermutlich ohnehin wissen, seien die Torschützen genannt: Anton „Toni“ Polster (10’), Bruno Pezzey (34’), Herbert Prohaska (37’/Elfmeter) und Walter „Schoko“ Schachner (52’).

Meine Meinung:

Wie knapp Glück und Unglück, Pech, Reichtum und Armut, Erfolg und Misserfolg, Komödie und Tragödie beieinanderliegen, erzählt der Autor in seinem Buch.

Trotz Rehabilitation und harter Arbeit kann sich Gogo nicht erholen und an seine frühere Form anschließen. Statt Austria Klagenfurt heißt sein letzter Verein SV Bleiburg, als er 1984 die Fußballschuhe endgültig an den Nagel hängt. Tragisch dabei ist, dass er miterleben muss, wie in den nächsten Jahren die Karriere eines weiteren damaligen Debütanten, der seinerzeit knapp 18 Jahre zählt und bei der Wiener Austria spielt, zu einem steilen Höhenflug ansetzt. Der Name: Anton „Toni“ Polster. Toni Polsters Teamkarriere wird 18 Jahre dauern, Gogos 55 Minuetn.

Günther Golautschnig erleidet das typisch österreichische Fußballerschicksal dieser Zeit: Als Amateur muss er einem Beruf nachgehen („Schepfen gehen“, wie die Kärntner und Steirer sagen), denn vom Fußball kann man in den 1980er-Jahren nicht leben. Die Ausnahme ist Ex-Fußballer und Trainer von Austria Klagenfurt Walter Ludescher, der als Lehrer ein geregeltes Einkommen hat.

Als Honorar gibt es damals für die Vereinskasse 10.000 Schilling (726,73 Euro), die Spieler 5.000 Schilling (363,36 Euro). Für solche Beträge hebt heutzutage kein Kicker mehr auch nur sein Augenlid.

Spieler der großen Vereine wie Austria Wien oder Rapid erhalten zum Karriereende entweder eine Trafik oder eine Tankstelle, um ihren weiteren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Während die anderen Spieler zum Türkei-Spiel vom Puma ausgestattet werden, läuft Gogo mit der Trainingsjacke von seinem Arbeitgeber Adidas ein. Als der große Sportschuhhersteller sein Werk in Kärnten schließt, verliert Gogo nach 23 Jahren seine Arbeit.

Geschickt vermischt Egyd Gstättner Fakten mit Fiktion. Er „kennt“ Günther Golautsching nur aus den Tagen im Krankenhaus und hat die sportlichen Eckpfeiler recherchiert.

„Ich beabsichtige nämlich, eine Erzählung über das Spiel der Spiele und noch viel mehr zu schreiben, und möchte Sie, lieber Herr Goggerwenig gerne dazu einladen, Modell für meine Hauptfigur zu stehen. Ich kann mir keinen Geeigneteren, keinen Besseren dafür vorstellen! Wissen Sie, über einen Schweinsteiger oder einen Polster zu schreiben, das ist leicht, das kann jeder, und der Markt ist auch gigantisch. Aber wir gehen nicht den leichten Weg, Sie und ich, wir erzählen keine Märchen, das ist nicht unsere Welt! Ihr Leben kommt nicht aus der Traumfabrik, Ihr Leben ist beispielgebend, Ihr Leben ist mehr als Ihr Leben. Ihr Leben ist unser Leben!“
(Kapitel 20 (17. November 2022) Wie sich der Gogo das Spiel des Lebens anschaut)

Stilecht und passend erfolgte die Buchpräsentation von „Der große Gogo“ am 28. September 2023 im Klagenfurter Fußballstadion.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem biografischen Roman, der auch gleichzeitig ein zeitgeschichtliches Dokument ist, 5 Sterne




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