Alexandra Bleyer: Propaganda als Machtinstrument
Fakten, Fakes und Strategien. Eine Gebrauchsanleitung
Autorin/Autor: Bleyer, Alexandra
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Gertie
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„Propaganda wirkt nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“
( S.8)
Die promovierte Historikerin und Autorin von Sachbüchern und Krimis, Alexandra Bleyer hat sich eines Themas angenommen, das in jüngster Zeit wieder an Bedeutung gewinnt: „Propaganda als Machtinstrument“. Vielfach wird Propaganda mit den Nazis assoziiert. Information und Desinformation sind Geschwister der Propaganda, wie auch Fake News, die allerorten verbreitet werden, zählen zu den Mitteln der Propaganda. Sei es, dass Donald Trump im Fall seiner Wahlniederlage im November 2024 ein „Blutbad“ und das Ende der Demokratie in den USA heraufbeschwört oder sei es, dass Wladimir Putin sich abermals als Präsident bei einer Wahl, die so gar nichts mit Wahlfreiheit zu tun hat, „wählen“ lässt oder dass er behauptet, die Ukraine durch seine „Spezialoperation“ von den „Nazis“ befreien will.
In neun Kapiteln versucht die Autorin mit plakativen Bespielen, den Lesern das Wesen und die Methoden dieser Beeinflussung begreiflich zu machen.
In Kapitel 1 erfahren wir anhand von historischen und aktuellen Beispielen, wie das ursprünglich neutrale Wort „Propaganda“ (lat. von propagare = verbreiten, ausdehnen) über die Jahrhunderte in Misskredit gebracht wurde. Denn, wenn wir heute das Wort „Propaganda“ hören, drängt sich sofort das Bild schreienden und fuchtelnden Joseph Goebbels auf, seines Zeichen Propagandaminister des Dritten Reichs. Der Begriff „Propaganda“ wird sofort mit „Kriegspropaganda“ gleichgesetzt.
Das Kapitel 2 beschreibt u. a. wie ein (nicht nur) rhetorisch begabter Feldherr des 19. Jahrhunderts die Vielzahl der er scheinenden Zeitungen auf genau EINE Zeitung reduzierte, deren Chefredakteur er der Einfachheit gleich selbst war. Die Vielfalt der Informationen wird auf eine einzige Informationsquelle kanalisiert, die natürlich nur höchst einseitig berichtet. Das Volk erhält nur jene Nachrichten, die dem jeweiligen Herrscher opportun erscheinen.
In Kapitel 3 lernen wir die Methoden kennen, wie diese geschönten Nachrichten unters Volk kommen. Den Medien kommt hier eine zentrale Bedeutung zu. Hatte man früher Bänkelsänger oder Marktschreier, die die neuesten Nach richten mit entsprechender Verzögerung an den Mann oder die Frau brachten, so ist die Erfindung des Buchdrucks ein Meilenstein in der Verbreitung von Informationen. Jeder, der es sich leisten konnte, vermochte Flugzettel drucken zu lassen. Die des Lesens Kundigen wurden mehr und so vervielfältigten sich die Empfänger von Nachrichten. Vor rund 200 Jahre – während der Napoleonischen Kriege – beginnt so richtig die Zeit der Propagandisten. Alle kriegführenden Herrscher beteiligten sich am Wettrüsten der Worte, das während der beiden Weltkriege eine Hochblüte erlebte. Doch auch heute erschüttern getürkte (oh, wie politisch unkorrekt) Meldungen die Öffentlichkeit. Allerdings ist die Geschwindigkeit, mit denen die Falschmeldungen in Umlauf gebracht werden, um mehrere Potenzen höher.
In Kapitel 4 werden die Sender/Empfänger-Beziehungen untersucht. Wenn der Sender keinen Empfänger hat, gibt es keine Kommunikation. Wie perfide diese Relationen aufeinander abgestimmt sind, erleben wir tagtäglich. Der Sender muss den Nerv des Empfängers treffen, um seine Botschaft wirksam anzubringen.
In Kapitel 5 plaudert Alexandra Bleyer aus dem Nähkästchen der Propaganda-Chefs und fördert schier Unglaubliches zu Tage. Viele dieser Propagandalügen, denen die Bevölkerung aufgesessen sind, werden entweder sehr spät oder nur unzureichend zugegeben. Ein probates Mittel ist die ständige Wiederholung einfacher Texte und/oder suggestive Inhalte. Es wird mit Angst und Schrecken (natürlich nur der anderen) gearbeitet.
Das Kapitel 6 zeigt auf, in welch vielfältigen „Verkleidungen“ Propaganda auftreten kann. So werden als Wahrheit kaschierte Lügen unter das Volk gebracht werden. Oft kann nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterschieden werden. Wenn die Alliierten den Nachrichten von den Gräueln in den Vernichtungslagern der Nazis keinen Glauben schenkten, so ist dies zum Teil ihrer eigenen (Gräuel)Propaganda des Ersten Weltkriegs zuzuschreiben.
In Kapitel 7 beschäftigen wir uns mit den „Topargumenten“ der Propaganda, um Kriege zu beginnen. Von „der andere ist schuld“, „wir müssen uns verteidigen“ bis hin zum Paradebeispiel eines von der Propaganda inszenierten Kriegsgrundes (Überfall auf den Sender Gleiwitz) sind hier allerlei Abstufungen angeführt. Die Gründe einen Krieg zu beginnen sind vielfältig, die Argumente der Propagandisten ebenfalls.
In Kapitel 8 wird beleuchtet, wie die Propagandachefs mit Menschen umgehen, die sich (aus welchen Gründen auch immer) der Propaganda entziehen und die vorgegebene Wirklichkeit kritisch hinterfragen. Man versucht es mit Argumenten, Umerziehung, Mund-tot-machen und letztlich (staatlich sanktionierten) Mord.
Das Kapitel 9 beschäftigt sich mit der Frage, ob es möglich ist, nach einem Krieg, zu „normalen“ Beziehungen zwischen den Kriegsteilnehmern kommen kann.
Meine Meinung:
Der Schreibstil ist sachlich und nüchtern. Viele Zitate und Beispiele helfen den Lesern, den schweren Stoff zu verdauen. Ein ausführlicher Anhang mit weiterführender Literatur lässt den interessierten Leser vermutlich zu der einen oder an deren zusätzlichen Lektüre greifen.
Dieses Buch ist längst nötig und fällig gewesen. Kaum jemand kann sich der Propaganda entziehen, auch wenn sie gerne als „PR-Maßnahme“ oder „Marketing“ verkauft wird. Erst kürzlich abgehaltene Wahlen in mehreren westlichen Staaten zeigen deutlich, dass auch Demokratien nicht von Propagandisten verschont werden. In Zeiten von sozialen Netz werken erreichen Nachrichten (egal ob echt oder falsch) ihre Empfänger in Sekundenschnelle und haben einen Multiplikator, bei dem einem schwindlig wird.
Fazit:
Propaganda ist an der Tagesordnung. Wir sind gefordert, kritisch zu hinterfragen und uns nicht als Mittel zum Zweck benutzen zu lassen. Es ist kaum möglich, sich der Propaganda zu entziehen. Fünf Sterne für dieses Buch, das uns Werkzeuge in die Hand gibt, Fallen der Propaganda zu entlarven und den Propagandisten ihre Arbeit so schwer wie möglich zu machen.
Es liegt an uns, diese Mechanismen zu durchschauen und dagegen zu wirken, denn Propaganda wirkt nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“ ( S.8).