Buchbesprechung/Rezension:

Franz Kafka: Die Verwandlung

Die Verwandlung
verfasst am 28.05.2024 | 2 Kommentare

Autorin/Autor: Kafka, Franz
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 5]

Kafkas Erzählung ist wohl eine der meist-interpretierten der Literatur, was dem ans Absurde grenzenden Inhalt geschuldet ist. Doch was auch immer jemand an tief- und/oder hintergründigen Gedanken herauslesen möchte, ergibt sich immer nur aus dem sehr persönlichen Eindruck, den man beim Lesen mitnimmt. So viele Leserinnen und Leser es gibt, so viele Interpretationen bzw. weniger nach Deutschunterricht klingend, Eindrücke gibt es. Was bei mir umgehend Erinnerungen an meine Schulzeit aufruft, als Literatur-Interpretationen zu den Lieblingsfoltermethoden der Professorinnen und Professoren zählten. Also eine Aufgabe, bei der ein persönlicher Eindruck der einen Person von einer anderen Person benotet wird, die aber ganz sicher reinen anderen Eindruck gewonnen hat (ja, es hat mich auch schon im Gymnasium genervt).

Deshalb erspare ich es allen, etwas zum Thema „Was hat der Autor damit gemeint“ beizutragen, weil ich es sowieso nicht weiß. Besser finde ich, bei Inhalt und Form der Erzählung zu bleiben.

Es ist eine überaus skurrile Geschichte, in der der Handelsreisende Gregor Samsa eines Morgens erwacht, nur um festzustellen, dass er sich in einen Käfer verwandelt hat. Wie und warum dies geschah, ist müßig nachzufragen, denn von Kafka wird man dazu keine Antwort bekommen.

Samsa lernt die Hilfslosigkeit eines Käfers kennen, der auf dem Rücken liegend verzweifelt ersucht, in einer Position zu kommen, in der er sich fortbewegen kann. Seltsamerweise beschäftigt Samsa aber weniger der Umstand, dass er ein Käfer ist, als der Umstand, dass er Schwierigkeiten mit seinem Vorgesetzten bekommen wird, wegen seiner Unpünktlichkeit und seines Nichterscheinens. Denn einerseits ist er bereits um mehrere Stunden zu spät aufgewacht, andererseits kann er sich kaum bewegen.

Solange die Türe zu seinem Zimmer verschlossen ist, kann er allen noch vorgaukeln, dass er vielleicht nur krank sei. Doch irgendwann muss die Türe geöffnet werden. Es hat den erwartbaren Effekt, dass alle Anwesenden vor Schreck und Entsetzen zurückweichen.

Hilfe kann er nicht erwarten, denn wer soll in dem Ungeziefer, das aus Gregors Zimmer kommt, den Sohn, den Bruder, den Angestellten erkennen; auch mit Worten kann er sich nur schwer verständlich machen, denn das lassen die Organe eines Insektes nicht zu.

Mit dem Fortschreiten der Verwandlung wird die Distanz zwischen ihm und seiner Familie, sie sind ja auch nur Menschen, mit der Zeit unüberwindlich. Wie ein Insekt, dem nur eine kurze Lebensspanne gewährt wird, stirbt Gregor Samsa nach ein paar Wochen. Vor seinem Ende hatte ihn nur noch die Hoffnung auf die Zuneigung seiner Schwester am Leben gehalten, doch die schwindet letztendlich auch.

Zwei Aspekte finde ich in dieser Erzählung außerordentlich beeindruckend. Zum einen kann man es beinahe sehen, wie Gregor manchmal hilflos, aber immer ungelenk über den Boden krabbelt; zum anderen wird man bald Mitgefühl empfinden für diese Kreatur, die ohne eigenes Verschulden ausgestoßen wird. Das fasste Kafka in wenige, aber umso klarere Worte und das macht für mich auch die Bedeutung dieser Erzählung aus.

Es ist, Käfer/Insekt hin oder her, die Geschichte eines jungen Mannes, der direkt vor den Augen der Menschen, die er liebt, und von denen er glaubte und hoffte, dass auch sie ihn ohne Wenn und Aber lieben, zugrunde geht. Woraus man letztendlich herauslesen kann, dass Zuneigung und Liebe immer wieder einer Auffrischung bedürfen. Es gibt wohl immer einen Punkt im Verhältnis oder ein einschneidendes Ereignis zwischen Menschen, an dem auch die stärkste Bande zerreißen kann. Auch wenn es uns selten passieren wird, als ein Insekt zu erwachen, so wissen wir doch, dass es wichtig ist, darauf zu achten, dass wir die Menschen, an denen uns etwas liegt, nicht abstoßen.

Bei Kafka ist es die Verwandlung in ein unheimliches Lebenswesen; in unser aller Alltag kann es etwas völlig anderes sein.




2 Kommentare

  • Manfred Lagler - regall sagt:

    Also wenn Schreiben zur Sucht wird, und er, Franz Kafka, dies so beschreibt: „Seine Eigensucht beziehe sich nicht auf ihn als Person, sondern allein auf die Sache, also auf das, was er schreibt. Diese Sache ist eben das Schreiben, und da er um sein Leben schreibt, wie man um sein Leben läuft, hat alles demgegenüber zurückzustehen.“ (S. 133) Rüdiger Safranski als Biograf dieser Biografie bringt es mit seinem Titel „Um sein Leben schreiben“ zu diesem Buch auf den Punkt, und es überzeugt mich als Leser dieser Zeilen voll und ganz! „Das Schreiben ist zugleich Schuld und Strafe, dazu noch das Wunder der sechsten Stunde, die große Inspiration.“ So schreibt Safranski über das heilende und seelische Schreiben des Franz Kafka’s! Der Autor, Safranski, berichtet hier sehr gelungen über einen Autor des 20. Jahrhunderts, dessen Kunst als Schriftsteller auch im 21. Jahrhundert nicht in Vergessenheit geraten wird. Denn diese ist sehr interessant und zum Weiterempfehlen!

  • Gertie sagt:

    Die „Verwandlung“ erinnert mich immer an David Cronenbergs Film „Die Fliege“ (1986) mit Jeff Goldblum als Seth Brundle, der sich in eine Fliege verwandelt. Dem Film liegt allerdings aber eine andere Kurzgeschichte zu Grunde.

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