Buchbesprechung/Rezension:

Miriam Georg: Im Nordwind
Die Nordwind-Saga (1)

Im Nordwind
verfasst am 16.07.2024 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Georg, Miriam
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
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Es ist das Jahr 1913. Die Hauptfigur des Buches ist die intelligente und geheimnisvolle Alice. Sie lebt mit ihrem Ehemann Henk und ihrer fünfjährigen Tochter Rosa in erbärmlichen Verhältnissen in Hamburg. Die Ehe verläuft katastrophal. Henk neigt zur Trunksucht, zu psychischer und körperlicher Gewalt.

„Sie hasste es, dass andere sie anschauten und wussten, was in ihrem Zuhause vor sich ging. Nun trat sie doch vor den Spiegel. Der Anblick war ernüchternd. Die Nase war schief und geschwollen, Mund und Wangen blutverschmiert.“

Im Laufe des Buches erfährt man in Rückblenden immer mehr aus Alice’ Leben, welches geprägt ist von Leid und Gewalt. Sie ist ein erstaunlich starker Charakter und auch diese schwierigen Lebensumstände haben sie bisher nicht gebrochen.

Alice ist gebildet, was sie einem Pastor zu verdanken hat.

„Der Pastor lächelte nachsichtig, als er mein Gesicht sah. ,Ja … Ungeheuer ist viel, und nichts ungeheurer als der Mensch’, sinnierte er leise. Dann schlug er das Heft zu. ‚Nun Schluss für heute. Du bist vielleicht doch noch etwas zu jung für Sophokles.’“

Um sich beraten zu lassen, ob für sie eine Scheidung möglich ist, wagt sie den Gang zur Sozialsprechstunde, wo sie das erste Mal auf John Reeven trifft. Die Rechtsberatung kommt für sie allerdings zu einem ernüchternden Ergebnis.

John Reeven ist die zweite Hauptfigur des Buches. Er stammt aus einer alteingesessenen Familie aus der Oberschicht und ist als Anwalt tätig. Sein Vater ist Leiter einer der größten Aktienbanken des Landes. Außerdem besitzt die Familie eine Bierbrauerei. Sein jüngerer Bruder Julius ist das schwarze Schaf der Familie, nimmt das Leben viel zu leicht und hinterlässt mit seiner egoistischen und nachtragenden Art viel verbrannte Erde und Leid.

Man begleitet als Leser nicht nur Alice und John durch ihre Leben, welche unterschiedlicher nicht sein könnten. (Alice, John, Hausmädchen Sara, Bruder Jasper, Vater, Ehemann, Hausarzt, …)

Der erste Band der Serie überraschte mich mit einem dramatischen Cliffhanger und ich empfehle, es erst zu lesen, wenn auch Band 2 erschienen ist.

Der 2. Band „Im Nordlicht“ erscheint am 15.10.2024.

Mein Fazit:

Für mich war es das erste Buch von Miriam Georg, wobei mir ihre Bücher bereits aufgefallen waren, sie mich auf den ersten Blick aber nie genug angesprochen hatten, um sie auf meine Leseliste zu setzen. So hatte ich beim Lesen keine Erwartungen, wurde aber dann sehr positiv überrascht. Der Schreibstil ist flüssig, die Charaktere sind gut ausgearbeitet, der historische Hintergrund sehr gut recherchiert. Obwohl der Roman aus der Sicht von wirklich vielen Figuren erzählt wird, stört das den Lesefluss nicht. Wobei ich mir nach einiger Zeit angewöhnt habe, nach jedem Absatz besonders aufmerksam zu weiterzulesen.

Das Buch liest sich sehr realistisch, was mich besonders angesprochen hat. Über ihre Recherche gibt die Autorin am Ende des Buches genauere Auskunft und die an dieser Stelle abgebildeten Fotos, die Orte aus dem Roman zur damaligen Zeit zeigen, fand ich sehr interessant.

Beim Lesen hat man wirklich das Gefühl, in diese Zeit einzutauchen und das Geschriebene gibt einen sehr guten Einblick in die damalige Gesellschaft und die Lebensumstände der Menschen. Die Autorin beschönigt und romantisiert nichts. Wobei die Beziehung zwischen Alice und John, so aussichtslos sie auch ist, dann doch sehr romantisch wird.

Am Ende des Buches erfährt man, dass die Autorin beim Schreiben vom historischen Buch „Das Tagebuch einer Verlorenen. Von einer Toten“ von Margarete Böhme aus dem Jahr 1905 beeinflusst war. Darin wird gezeigt, wie ausweglos die Situation mittelloser Mädchen und Frauen zu dieser Zeit war.

„Alice hartes Schicksal habe ich nicht einfach aus freien Stücken erfunden, sondern dieser Romanheldin nachempfunden. Die Verschickung von Kindern als billige Arbeitskraft gab es, und Frauen wie sie am untersten Ende der Gesellschaft, hatten so gut wie keine Möglichkeit, ihrer Situation zu entkommen.“

Zusammengefasst ein wirklich unterhaltsamer und dramatischer historischer Roman mit einem unangenehmen Cliffhanger.




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