Sigrid Sonberg: Unter zwei Monden
Autorin/Autor: Sonberg, Sigrid
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Gertie
Als die Grazer Apothekerin Antonia mit ihrer Kollegin und Freundin Lena beschwingt in einem Gasthaus Silvester feiern und an einem Wettbewerb um den spektakulärsten Neujahrswunsch teilnimmt, weiß noch niemand, welche Kreise dieser Wunsch, der alsbald in Erfüllung geht, nach sich ziehen wird. Was sich Antonia gewünscht hat? Einen zweiten Mond, sowie manche sich eine zweite Erde wünschen, nachdem man die aktuelle langsam aber sicher zugrunde richtet. Wenig später erscheint tatsächlich neben der üblichen Mondsichel eine zweite, von der man nicht so genau weiß, ob sich echt oder eine Täuschung ist.
Schnell macht die Kunde von einer Wahrsagerin, die das Himmelsphänomen vorhergesagt hat, die Runde. Allerorten versuchen geschickte Geschäftemacher den Hype auszunutzen, der schließlich völlig aus dem Ruder läuft.
Meine Meinung:
Bei diesem Buch, das ich von Autorin Sigrid Sonberg direkt erhalten habe, ist nicht ganz klar, was die Autorin ihren Lesern mitteilen möchte.
Da ist einerseits der hysterische Hype um eine Himmelserscheinung, von der man nicht so genau weiß, ob sich echt oder eine Täuschung ist, nämlich ein zweiter Mond, der die Erde umkreist, und andererseits gibt es eine zaghafte Liebesgeschichte, eine Entführung, eine Frau aus Antonias Vergangenheit und einen politisch motivierten Überfall auf das Geschäft eines Kurden, der die türkische Fahne mit einer zweiten Mondsichel ergänzt, was nicht nur in der autokratisch regierten Türkei verboten ist. Auch in Österreich ist das Verändern der Staatssymbole strafbar. In der Türkei kann so eine Manipulation sogar den Kopf kosten.
Die Handlung ist nicht komplex, sondern häufig nicht ganz nachvollziehbar. Die Charaktere wirken blass und der Schreibstil ist durch gewagte Satzkonstruktionen sehr eigenwillig. So liest man zum Beispiel diese hier:
„Strahlend, erhellend, anmutig beim Sähen von Anmut auf die Erde.“
(S. 82)
Ein Satz ohne Prädikat, dafür aber mit einer Wortwiederholung, die jede Lehrkraft rot anstreichen würde, entspricht nicht unbedingt den Regeln der geltenden Grammatik. Bei der Verunstaltung des Verbs „säen“ zu „sähen“ (ist mehrmals zu lesen) bekomme ich die Krätze. Die verwendete Verbform „er/sie/es sähe“ ist der Konjunktiv II/Präsens zu „sehen“. Hier muss es wohl „säen“ (von Saat) heißen.
Das Buch ist in dem kleinen niederösterreichischen Verlag Bibliothek der Provinz erschienen, der, wie man auf der Website des Verlages lesen kann, seine Aufgabe darin sieht: „Neben der Produktion von Büchern liegt ein wesentliches Anliegen des Verlages darin, die Bücher, ihre Autoren, die bildenden Künstler und die Rezipienten zusammenzubringen und damit zu einem fruchtbaren Austausch anzuregen.“
Dazu fordert der Verlag seine (möglichen) Autorinnen und Autoren wie folgt auf:
„Bitte schicken Sie uns das Manuskript einwandfrei gemäß den Anforderungen der geltenden Rechtschreibung und Grammatik, wenn möglich als WORD-Datei per E-Mail, wir nehmen Manuskripte aber auch in papiererner Form entgegen.“
Fazit:
Dieses Buch kann ich leider nicht empfehlen und werde von weiteren Büchern der Autorin Abstand nehmen.
Die Rezensentin erweckt bei mir üble Erinnerungen an die Notengebung durch Lehrer mit engem Horizont und ihren ruppigen Bewertungen.
Sie fragt sich allen Ernstes – was die Autorin mitteilen möchte. Sollte Literatur als Mitteilungsorgan für
übergeordnete Botschaften dienen ?
Literatur als Kunst besteht u.a. aus einem schöpferischen Prozess,der den Leser aus engen Vorgaben
eigener oder aufgesetzter Vorstellungen befreien will. Und dies ist Sigrid Sonberg bestens gelungen.
Die Autorin erzählt die Geschichte vom Auftauchen eines zweiten Mondes und webt in diese Rahmen-
geschichte ( wo die Natur endlich einmal anlässlich des Klimawandels auf ganz andere Weise einwirkt-
ja man könnte sagen den Menschen zum Narren hält) aktuelle Themen ein. Die Handlung bewegt sich
zwischen Möglichem und Fiktion, die Figuren und deren Geschichten sind abwechslungsreich,spannend
und humorvoll.
Die Geschichte selber ist es, was die Autorin mitteilen möchte. Der Leser selber kann entscheiden, was
die Geschichte bei ihm auslöst.
ICH JEDENFALLS WAR DURCHGÄNGIG INTERESSIERT, VON DER SPANNUNG UND EINFÜHLSAMKEIT
BEEINDRUCKT UND VON DER MYSTISCHEN STIMMUNG INSPIRIERT.
Bei der Kritik an der Sprache der Autorin ist wohl das Schulmeistern vollends mit der Rezensentin durch-
gegangen – wenn mit erhobenem Zeigefinger darauf hinweist, ein Satz müsse mit einem Prädikat ge-
bildet werden. Zunächst hat die Autorin einige berühmte Schriftsteller hinter sich, wie etwa Kafka oder
Max Frisch in deren Werken und in passendem Zusammenhang sich ebenso Sätze ohne Prädikat finden.
Die Sprachbildung ist im Übrigen höchster Ausdruck künstlerischer Freiheit.Man lese nur Friederike
Mayröcker.
Wirklich besorgt. sollte man allerdings die Gesundheit der Rezensentin sein, wenn ihr schon die gefällige und allgemein verständliche Ausdrucksweise der Autorin Hautprobleme bereitet. Man mag sich gar nicht vorstellen, was ihr widerfahren könnte, wenn sie beispielsweise die erwähnte Frau Mayröcker lesen müsste.
MIR JEDENFALLS HAT DAS BUCH VON SIGRID SONBERG GUT GEFALLEN, WEIL ES ORIGINELL, SPANNUNSREICH, HUMORVOLL, IRONISCH, GESELLSCHAFTSKRITISCH UND ZUGLEICH TIEFGRÜNDIG IST.
ICH EMPFEHLE ES.IN HÖCHSTEM MAßE.